(ein Abenteuer von Alex Spor und Alex Spohr aus der Anthologie “Sinnestaumel und Begierde”)
Trigger-Warnung: sexueller Inhalt.
Belhanka ist eine Perle unter den Städten Aventuriens. Die Stadt erstreckt sich über sieben größere und zwei Dutzend kleinere Inseln, von denen jedoch nicht alle bebaut sind. In den letzten Jahren, in denen die Stadt rasant angewachsen ist, hat sie zudem zu beiden Uferseiten nach dem Festland gegriffen.
Nur die Inseln Belenora, Belhamer, Simiavilla und Penumbre, die gemeinsam das Stadtzentrum bilden, sind durch Brücken miteinander verbunden, zusätzlich noch die Garteninsel Jardinata über Spada mit dem Festland. Wer nicht die Brücken zum Überqueren des Mündungsdeltas des Sikram nutzen will, kann die fest eingerichteten Fähren nutzen oder auf die Dienste der zahllosen Gondolieri zurückgreifen, die die Reisenden mit allerlei Geschichten, Klatsch und Liedern zu unterhalten wissen.
Vor wenigen Jahren konnte Belhanka sich im horasischen Thronfolgekrieg als Republik durchsetzen und damit die Herrschaft des Adels abstreifen. Die Bürger von Belhanka sind stolz auf ihre gewonnene Freiheit. Aber nicht nur darauf können sie stolz sein. Als bedeutendster Kolonialhafen des Lieblichen Feldes und der Heimat der größten Reederei Aventuriens ist die Hafenstadt auch das Tor zu fremden und unbekannten Gestaden.
Belhanka zählt auch als Stadt der Liebe. Als solche beherbergt sie mit dem Palast Rahja den größten Haupttempel der Liebesgöttin auf Dere. Aber auch in anderen Handwerkskünsten sind die Bürger von Belhanka begabt. Die Stadt ist berühmt für den Schiffsbau, Duftwasserherstellung, Fischfang, Brokat- und Leinenweberei und der Glaskunst.
***
Die Kunst der Glasbläserei war auch der Grund, der uns nach Belhanka brachte. Der Hesindetempel zu Havena schickte uns in die Stadt, um dort ein Glaskunstwerk abzuholen und sicher zum Tempel zu eskortieren. Das Kunstwerk war ein Glaspokal mit einer Schlange, die sich um den Pokal drehte. Der berühmte Glasbläsermeister Nandollo Bambuschi sollte das Kunstwerk anfertigen. Als wir das abholen wollten, war er allerdings noch nicht fertig und wir sollten am nächsten Tag zu ihm zurückkehren.
Es gibt Schlimmeres, als einen Tag in Belhanka verbringen zu müssen. Die Stadt wurde ihren Ruf gerecht, zeigte sich weltoffen und unterhaltsam. Jongleure, Akrobaten, Maler und Musikanten belebten die engen Gassen. Bei all dem Trubel musste man natürlich wachsam sein, dass nicht eine Hand sich an der Geldkatze vergriff. Doch das schönste Ereignis des Tages war eine Gondelfahrt mit Hagen durch die Kanäle von Belhanka. Der Gondoliere wusste uns bei der Fahrt gut zu unterhalten. Wir erfuhren von der Geschichte der Stadt und zwischendurch stimmte er stimmungsvolle Lieder an.
Abends kehrten wir in Parins Taverne zurück, wo wir unsere Unterkunft hatten. Im Schankraum trafen wir auf Golic, einen Streuner aus Vinsalt, den wir bei unserer Reise nach Belhanka kennenlernten. Er war nicht alleine. Auf seinem Schoss sass eine hübsche, sehr leicht bekleidete Dame. Obwohl Golic mit seiner Gespielin beschäftigt war, entging ihm nicht, dass Hagen und ich die Taverne betraten.
Hagen! Janda! Kommt her, ich will euch jemand vorstellen. Er winkte uns zu sich. Das hier ist Bri. Ich habe sie heute kennengelernt und mein Engel macht mich so glücklich! Als er dies sagte, fuhr seine Hand unter ihr kurzes Röckchen.
Bri lachte auf: Du machst mich auch so glücklich, mein Golicleinchen. Dann gab sie ihm einen dicken Schmatzer auf seine Lippen.
Wir verbrachten noch etwas Zeit mit den Turteltauben im Schankraum. Die Frischverliebten hielten sich während unseres Gesprächs auch tatsächlich mit dem Austausch von Liebkosungen zurück. Doch irgendwann flüsterte Bri ihren Liebsten etwas im Ohr. Das war wohl so verlockend, was sie ihm da angekündigte, dass sie sich gleich verabschiedeten und auf Golics Zimmer verschwanden. Hagen und ich blieben auch nicht mehr lange im Schankraum. Wir waren an diesem Tag viel unterwegs gewesen, waren erschöpft und freuten uns auf einen tiefen erholsamen Schlaf.
Dazu sollte es aber nicht kommen. Wir hatten das Pech, das Zimmer neben dem von Golic zu haben. Er und Bri schienen sich gut zu vergnügen. Zumindest den Geräuschpegel nach, den sie verursachten. Dabei schienen sie auch über unglaubliche Kondition zu verfügen. Sie fanden kein Ende und es steigerte sich immer mehr. Hagen war sehr genervt von den Störgeräuschen aus dem Zimmer nebenan. Gleich gehe ich rüber und beschwere mich, brummte er.
Ich kicherte. Ich fand es süß, wenn Hagen griesgrämig wurde. Aber ich hatte eine bessere Idee. Ich setzte mich auf dem Schoss meines Bettgefährten, streifte mein Nachtgewand über den Kopf und fuhr mit meinen Fingern über die muskulöse Brust des Kriegers. Kommt, Hagen, lasst mich eure Lanze spüren, forderte ich ihn auf. Wenn wir uns beide anstrengen, können wir lauter als die beiden sein.
Hagen ließ sich von mir überzeugen. Es begann ein wilder Ritt. Hemmungslos schrie ich laut auf. Mein Liebhaber hielt sich auch nicht zurück. Als mein nackter Körper verschwitzt und erschöpft in seine Arme sank, war es im Zimmer nebenan schon leise geworden. Glücklich schliefen wir ein.
***
Als wir am nächsten Morgen den Schankraum betraten, kam uns räuspernd der Wirt entgegen.
Verzeiht, ehm… dem anderen Herren habe ich auch schon darauf angesprochen… wir in Belhanka sind durchaus sehr rahjagefällig, doch möchte ich euch bitten, wenn ihr das nächste Mal, ehm… der Liebesgöttin huldigt, dies etwas, ehm… leiser zu tun.
Hagen war das unangenehm. Mein starker Krieger errötete. Ich fand die Situation lustig und schmiegte mich an Hagen. Meine Lippen näherten sich seinem Ohr und ich sprach so, dass es jeder hören konnte: Bei euren nächstem Ritt auf mir müsst ihr mich wohl knebeln, mein Herr.
Hagen wurde noch röter. Der Wirt wandte sich ab von uns: Vergnügt euch, wie es euch gefällt. Nur nicht so laut. Ich bringe euch nun euer Frühstück. Ihr habt sicher Stärkung notwendig.
***
Das Frühstück war wirklich sehr reichhaltig und eine gute Stärkung. Danach machten wir uns auf dem Weg, um Nandollo zu treffen. Der Glasbläsermeister übergab uns den Pokal. Wahrlich ein Meisterwerk. Doch er wirkte, im Gegensatz zum Vortag, sehr betrübt.
Guter Mann, was habt ihr für Sorgen, fragte ich ihn.
Na ja, eigentlich will ich euch mit meinem Kummer nicht belasten, aber ihr und euer Begleiter, ihr schaut so aus, als ob ihr mir helfen könnt, duckste der Handwerker vor sich hin.
Sprecht weiter, Meister Bamudschi, forderte Hagen ihm auf. Wenn wir euch helfen können, machen wir das gerne.
Es geht um meine Tochter, während er sprach, blickte Nandollo auf dem Boden, Thalia ist ein zuverlässiges Mädchen und alles, was ich habe. Sie sollte gestern auf dem Markt einige Besorgungen machen. Doch sie kam nicht zurück.
Hat sie vielleicht eine Freundin oder einen Verehrer, zu dem sie gegangen ist, fragte ich.
Nandollo war den Tränen nahe: nein, nein, nein. Würde sie zu einer Freundin gehen, würde sie mir Bescheid geben. Und einen Verehrer hat sie bestimmt nicht. So eine Art Mädchen ist sie nicht.
Verzweifelt nicht, guter Mann, sagte Hagen und legte seine Hand auf die Schulter des Glasbläsers. Meine Freundin und ich werden uns umhören. Wir finden bestimmt heraus, was aus eurer Tochter wurde.
Habt vielen Dank! Ich werde mich erkenntlich zeigen, schluchzte der verzweifelte Nandollo Bamudschi.
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Wir hörten uns auf dem Markt und bei den Freunden von Thalia Bamudschi um. Sie war am späten Nachmittag tatsächlich auf dem Markt. Doch dann verloren wir die Spur. Ihre Freundinnen hatten sie seit ein paar Tagen nicht mehr gesehen. Auch von einem Verehrer, mit dem sie möglicherweise durchbrennen hätte können, wussten sie nichts.
Aber wir hörten auf dem Markt von anderen Leuten, die vermisst wurden. Ein Gondolerie vermisste seinen Freund, einen Schankburschen und Gelegenheitslustknaben. Vor sieben Tagen wollten sie sich treffen, aber er erschien nicht. Der Gondolerie war sehr besorgt. Vor einigen Tagen wurde eine junge Prostituierte im Hafen tot aufgefunden. Nun fürchtete er, dass seinen Freund das gleiche Schicksal ereilte.
Ein Bettler erzählte uns von einer vermissten Freundin. Vor einigen Stunden fand er ihren Hund, der sonst nie von ihrer Seite wich, durch die Gassen von Belhanka herumirren. Von seiner Freundin hatte er auch schon lange nichts mehr gehört.
Wir hörten uns auch nach den anderen Verschwundenen um, konnten dazu aber auch nichts weiter herausfinden, außer dass der Schankbursche schon länger nicht mehr bei der Arbeit auftauchte. Etwas enttäuscht kehrten wir abends zu Parins Taverne zurück.
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Im Schankraum sahen wir wieder Golic. Diesmal aber alleine und er wirkte recht unglücklich.
Habt ihr euch von Bri wieder getrennt, fragte Hagen.
Es ist so schlimm, stöhnte Golic auf. Wir wollten uns heute Nachmittag am Efferdtempel treffen. Aber sie erschien nicht. Sie liebt mich aufrichtig. Ich glaube nicht, dass sie mich versetzt hat. Die letzte Nacht war so besonders. Bri ist eine Prostituierte. Das hat sie mir gestanden. Aber sie hat kein Geld für die letzte Nacht verlangt. Die Liebe zwischen uns ist wahr. Und jetzt… ich hoffe, sie lebt noch…
Mhm… brummte Hagen und wechselte einen Blick mit mir. Ich nickte ihm zu.
Janda und ich suchen derzeit nach einem vermissten Mädchen in Belhanka. Dabei haben wir erfahren, dass auch andere Leute verschwunden sind. Wir werden uns morgen nach Bri umhören. Hab keine Sorge, wir finden sie bestimmt.
Wir verbrachten den Abend noch mit Golic zusammen, tranken einige Krüge Bier zusammen und versuchten ihn zu beruhigen. Er wollte mit uns auf die Suche nach seiner Bri gehen, aber wir waren der Meinung, dass es besser wäre, wenn er sich aus der Sache heraushalten würde. Nach dem fünften Bier ließ er sich beschwichtigen. Wir hofften, dass er in Ruhe schlafen konnte.
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Zumindest schien er tief zu schlafen. Als wir am Morgen zum Frühstücken in den Schankraum kamen, lag er wohl noch in seinem Bett. Wir hofften, dass Golic nicht begann auf eigene Faust zu ermitteln. Nicht, dass er noch in Schwierigkeiten kommen würde, aus denen wir ihm nicht raushelfen konnten. Wir folgten unserer neuen Spur. Bris Spur führte uns zum Efferdtempel, wo sie sich mit Golic treffen wollte.
Dort kannte man sie tatsächlich. Ein Geweihter hatte sie öfters in der Armenküche gesehen. Dort kam sie regelmäßig zum Essen vorbei. Wir warteten die Mittagszeit ab, um uns bei den Besuchern der Speisung nach ihr umzuhören. Es gab tatsächlich jemanden, der sich oft mit ihr unterhalten hatte. Sehr schwärmerisch erzählte er uns von Bri, der wunderschönen Albernierin, die erst seit ein paar Tage in der Stadt war. Sie ist mit einer einfachen Überfahrt von Havena nach Belhanka gekommen. Ob in Havena alle Frauen so schön sind? Sie wollte aus ihrer Schönheit Kapital schlagen und als Prostituierte arbeiten. Er wäre nun auch auf der Suche nach einer Arbeit. Sobald er ein paar Goldstücke verdient hatte, könnte er sich auch Bris Dienste leisten. Auf mehr Details verzichteten wir und ließen uns von den Gondolerie zu einem Ort bringen, an dem Frauen und Männer ihre rahjagfälligen Dienste käuflich anpriesen. Auch da kannte man Bri. Die Prostituierten waren aber nicht gut zu sprechen auf die Schlampe, die einfach so aus dem Nichts auftauchte und jetzt versuchte, den im Lyceum ausgebildeten Liebesdienerinnen die Kundschaft wegzuschnappen. Zwar hatte Bri wohl auch versucht, sich im Lyceum zu bewerben, doch mit so einer Dahergelaufenen wollte man dort nichts zu tun haben. Zum letzten Mal habe man sie gestern Vormittag gesehen. In der Nähe von Parins Taverne hat sie ein gutaussehender junger Mann mit einem fehlenden Finger angesprochen. Mit diesem ist sie verschwunden.
Unsere Umfragen nach diesen Fremden liefen aber ins Leere. Es war schwierig, Golic am Abend in der Taverne zu trösten. Er war sehr verzweifelte und befürchtete, dass wir sie nicht mehr lebend finden würden. Wir versprachen ihm aber am nächsten Tag weiter nach Bri zu suchen und hofften auch, dass wir dadurch auf die Spur von Thalia, der Tochter des Glasbläsers, kommen würden.
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Am nächsten Tag verriet uns ein Bettler den Namen des Manns mit dem fehlenden Finger: Ostilio. Da wir nun einen Namen hatten, fiel uns das Fragen nun leichter. Ostilio hatte früher der Miliz gedient, bis er wegen einer Schlägerei unehrenhaft entlassen wurde.
Ein Mann auf der Straße wollte uns zu ihm führen. Endlich hatten wir Glück. Der Mann führte uns durch enge, verwinkelte Gassen in einen Hinterhof. Hinter uns wurde ein Holztor geschlossen. Hagen und mir standen vier Männer gegenüber.
Mischt euch nicht in Sachen ein, die euch nichts angehen, sagte der Mann, der uns zu Ostilio führen wollte. Dann griffen er und seine drei Kumpanen uns an.
Die Ganoven wollten uns in eine Schlägerei verwickeln. Doch darauf ließen wir uns nicht ein und zogen unsere Waffen. Daraufhin zückten die Angreifer ihre Dolche. Das Scharmützel konnten wir für uns entscheiden. Drei der Ganoven verloren dabei ihr Leben. Ihren Anführer überwältigten wir.
Ostilio hatte wohl Wind davon bekommen, dass wir ihm auf die Spur gekommen sind. Deswegen schickte er uns seine Schläger auf dem Hals, um zu verhindern, dass wir mehr herausfinden können. Der Plan ging nun aber nach hinten los. Da der Gauner nicht seinen Kollegen in Borons Reich folgen wollte, gab er uns die fehlenden Informationen.
Ostilio arbeitet für einen illegalen Bordellbetreiber. Das Bordell soll einem Mann namens Valpo gehören. Es ist in den Kellergewölben seines Geschäftes, einer Konditorei. Wir ließen uns den Weg zur Konditorei beschreiben.
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Von außen sah die Konditorei unscheinbar aus. Nichts deutete darauf hin, dass es sich um ein illegales Bordell handelte. Zwar ist Belhanka die Stadt der Liebe, doch das Geschäft der Fleischeslust ist nur den Kurtisanen der Höfe der Abendröte erlaubt. Allen anderen ist es untersagt innerhalb der Stadt Liebesdienste gegen Geld anzubieten. Allerdings soll es in Belhanka auch Bordellbetreiber geben, die sich sowohl über die travia- wie auch rahjagefällige Moral hinwegsetzen und Liebesdiener zur Arbeit in verborgenen Freudenhäuser zwingen. Bisweilen werden dort sogar Dienstleistungen angeboten, die die Grenze der Selemie schon überschritten haben und die man auch als belkelelgefällige Praktiken bezeichnen könnte. Wenn Valpo hier nun Frauen gegen ihren Willen festhielt, war zu befürchten, dass er ein solches illegales Bordell unterhielt.
Wir beobachteten das Gebäude eine Weile. Es schien aber niemand einen Kuchen kaufen zu wollen. Also betraten wir den Verkaufsraum. Ich ließ Hagen den Vortritt und stellte mich vor die Tür, um zu verhindern, dass von außen jemand in den Verkaufsraum kam.
Seid ihr Valpo, fragte Hagen den Mann, der hinter der Theke stand.
Der dürre dunkelhaarige Mann mit Dreitagebart bejahte: Habt ihr Lust auf ein süßes Törtchen?
Mir steht der Sinn nach einem anderen süßen Zeitvertreib, entgegnete Hagen.
Was Süßeres als meine Törtchen findet ihr hier nicht.
Hagen hatte keine Lust auf langes Vorgeplänkel. Seine Hände griffen Valpo am Kragen und zogen ihm auf den Verkaufstresen: Man erzählt sich, ihr haltet ihr Mädchen gegen ihren Willen gefangen. Wie komme ich zu ihnen?
Ich weiß nicht, wovon ihr redet, leugnete Valpo weiterhin.
Valpos Gesicht schloss Bekanntschaft mit Hagens Faust. Schmerzhaft schrie Valpo auf. Hört auf, wimmerte er. Ich verrate euch alles. In der Backstube ist eine Falltür, die führt ins Bordell.
Wir fesselten den Bäcker und verstauten ihm unter seinen Verkaufstresen, damit ihn von außen niemand sehen konnten. Wir fanden einen Schlüsselbund bei ihm und konnten mit einen der Schlüssel die Tür zum Laden absperren.
In der Backstube konnten wir eine Luke im Boden entdecken. Diese führte uns zu einem unterirdischen Gang. Am Ende des Ganges gab es ebenfalls eine Treppe, die zu einer Luke, durch ein Vorhängeschloss verschlossen, führte. Hagen probierte einen der gefundenen Schlüssel aus. Dieser passte und öffnete die Luke.
***
Wir stiegen eine Leiter hinab und kamen in einen Vorraum. Dort sahen wir fünf Türen und einer weiteren Luke. Wir hofften, hinter einer der Türen die gesuchten Mädchen zu finden.
Vorsichtig öffneten wir die erste Tür. Sie war nicht verschlossen. Es handelte sich wohl um einen Waschraum. Auf einem Tisch stand eine Waschschüssel, daneben stand ein Stuhl. Da es nichts weiter zu entdecken gab, verließen wir den Raum wieder.
Die nächste Tür war verschlossen. Auch hier war der Schlüsselbund hilfreich. Wir betraten eine schmale Kammer, in der gerade das Bett reinpasste, das dort stand. Im Bett lag ein junges blondes Mädchen, in einem durchsichtigen Nachthemd. Als wir den Raum betraten, erschrak sie und klammerte ihre Bettdecke fest gegen ihren Körper.
Alles ist gut, du brauchst keine Angst zu haben, sprach ich beruhigend auf sie ein. Wir wollen dir nichts antun. Wir möchten dich befreien.
Hagen blieb im Vorraum stehen. Ich näherte mich langsam dem Bett. Das Mädchen fing zum Schluchzen an und heulte. Ich nahm sie in meine Arme und tröstete sie. Es stellte sich heraus, dass sie Nandollos Tochter Thalia war. Ich versprach ihr, dass wir sie bald wieder zu ihrem Vater bringen würden. Wir wollten nur noch eine Freundin von uns hier befreien. So lange müsste sie in ihrem Zimmer auf uns warten. Sie beruhigte sich und nachdem ich ihr versprochen hatte wieder zurückzukommen, verließ ich den Raum.
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Auch das nächste Zimmer war abgesperrt. Wieder probierten wir die Schlüssel des Bundes aus. Einer passte. Die Kammer entsprach der vorherigen. Auf dem Bett saß eine dunkelhaarige Tulmanidin in einem durchsichtigen, etwas zerfetzten, Nachthemd. Auf ihrer dunklen Haut konnte man einige Abschürfungen erkennen. Auch sie erschreckte, als ich in den Raum kam.
Die Angst ließ aber nach, als ich beruhigend auf sie einsprach und auch ihr erzählte, dass wir sie befreien wollen. Sie stellte sich als Semira vor. Semira arbeitete als Freudenmädchen, aber als solche kann sie sich ihre Kunden aussuchen und auch das machen, wozu sie Lust hatte. Was mit ihr in dem Gefängnis angestellt wurde, war anders. Bevor ein Kunde kam, wurde ihr ein Gebräu eingeflößt, das sie willenlos machte. So konnten ihre Kunden ihre Fantasien mit ihr freien Lauf lassen. Daher stammen auch viele ihrer Verletzungen. Doch das war noch nicht alles. Durch ihre dunkle Haut wirkte sie sehr anziehend auf die Wachleute, die sich auch öfters mit ihr vergnügten. Aber ohne ihr vorher Drogen einzuflößen, weswegen sie sich an jedes Detail davon erinnern kann. Die Wachleute wären immer zu zweit und sind im Zimmer nebenan, vertraute mir Semira an.
Ich führte Semira zu Thalia ins Zimmer und sagte ihnen, sie sollten dort auf uns warten.
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Im nächsten Raum würden also Ostillos Schläger auf uns warten. Wir überlegten, ob wir einem Kampf aus dem Weg gehen könnten. Absperren des Raums würde nicht helfen. Sie hätten bestimmt selbst einen Schlüssel für die Tür. Ich wollte die Tür mit Möbel aus den anderen Zimmern verbarrikadieren, um die Wächter einzusperren. Doch ging die Tür nach innen auf.
Früher oder später müssen wir uns um die Wächter kümmern, meinte Hagen. Bevor sie uns unerwartet über den Weg laufen, sollten wir sie überraschen. Ich werde die Tür eintreten, dann stürzen wir beide uns auf sie. Wenn es nur zwei Leute sind, sollten sie kein Problem für uns darstellen.
Hagens Vertrauen in meine Kampfkünste freuten mich. Also gut, lasst uns die Wächter niedermachen!
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Die Tür hielt Hagens Tritt nicht stand. Im hohen Bogen schwang sie auf. Wir überraschten zwei Personen, die beim Kartenspiel beieinandersaßen. Als wir das erste Mal auf sie einschlugen, ließen sie vor Schreck ihre Karten fallen, doch dann griffen sie zu ihren Keulen.
Hagens Gegner bereitete ihm keine großen Probleme. Als dieser flüchten wollte, streckte er ihn nieder. Mein Gegner versetzte mir einen harten Schlag mit seiner Keule. Aber ich konnte ihm trotzdem in die Flucht schlagen. Wir konnten nur hoffen, dass er nicht mit Verstärkung zurückkehren würde.
In dem Raum befand sich auch noch eine Truhe. Sie war verschlossen und keiner der Schlüssel unseres Schlüsselbundes konnte sie öffnen. Gut, dass ich einen Dietrich bei mir führte. Es erforderte etwas Geschick, doch konnte ich das Schloss öffnen. Die Truhe war gefüllt mit Golddukaten. Das waren wohl die Einnahmen des Bordells. Erst einmal ließen wir die Kiste hier stehen. Doch wir werden sie auf jeden Fall mitnehmen, wenn wir das Bordell verließen.
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Ein Zimmer in der Etage hatten wir noch nicht betreten. Auch hier leistete uns der Schlüsselbund wieder gute Dienste. Wieder blieb Hagen im Vorraum. Ich betrat allein das Zimmer. Diesmal saß ein junger gutaussehender Mann, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, auf dem Bett.
Als er mich sah, erhob er sich vom Bett: Das ist aber neu, dass die Freier direkt aufs Zimmer kommen. Ich stehe euch zur Verfügung.
Er zog an einem Faden und sein Lendenschurz glitt zu Boden. Vollkommen nackt stand der junge Mann mir gegenüber.
Ich musste mir ein Kichern verkneifen, als ich ihm sagte: Ich hoffe, ihr seid nicht gekränkt. Ich bin an eurer Manneskraft nicht interessiert. Mich interessiert eher, euch und allen anderen hier Freiheit zu geben. Mein Freund und ich wollen dem schändlichen Treiben hier ein Ende setzen.
Nachdem der junge Mann seine Blöße wieder verdeckt hatte, führten wir ihm zum Zimmer von Thalia und Semira. Wir waren noch immer auf der Suche nach Bri. Hoffentlich würde die Luke am Boden uns zu ihr führen.
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Die Luke am Boden war unverschlossen. Eine Leiter führte uns nach unten. Wir waren in einen großen leeren Vorraum. Wieder fanden wir fünf Holztüren vor uns.
Wir hatten Glück. Gleich hinter der ersten Tür, die wir öffneten, fanden wir Bri. Sie war in einer schmalen Kammer eingesperrt. Ein Häufchen Stroh diente ihr als Bett. Als sie uns sah, stürmte sie auf uns zu und umarmte uns beide. Ihr hübscher Körper war von einigen Narben verunstaltet. Sie erzählte uns, dass sie zur Ader gelassen wurde, um einen Lustdämon zu beschwören. Nachdem dieser aufgetaucht war, vergnügte er sich mit ihr. Danach würde er einige Stunden am Verschwörungsort verweilen und für zahlungswillige Kunden zur Verfügung stehen.
Wir erklärten ihr den Weg zu Tahlias Kammer, wo sie auf uns warten sollte. Hagen und ich würden uns erst einmal auf dieser Etage weiter umsehen.
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Die Zelle neben der von Bri war leer. Das nächste Zimmer, das wir betraten, diente wohl zum Aufeinandertreffen zwischen Freier und Gefreiter. Am Boden lagen zwei Bärenfelle. An der Wand war ein Kamin, der gerade nicht brannte. An einer Seite des Raums stand ein Holztisch mit Fesseln. Auf dem Tisch lag eine neunschwänzige Peitsche und ein dickes Holzscheit. Ich mochte mir nicht ausmalen, was sich in diesem Zimmer so alles ereignete.
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Am Boden des nächsten Raumes war mit Kreide ein Drudenfuß aufgemalt, der sich über den Boden des gesamten Zimmers erstreckte. An den Spitzen des Drudenfußes standen abgebrannte Kerzen. In der Mitte waren einige Blutspuren zu erkennen.
Was fällt euch ein, ertönte eine Stimme, während wir den Raum durchsuchten.
Wir drehten uns zur Tür. Dort standen drei Männer.
Was fällt euch ein? Ihr dringt in mein Bordell ein, bringt meine Leute um und setzt meinen Mitarbeitern Flausen von wegen Freiheit in den Kopf? Leute, schnappt sie euch! Lasst die Thorwaler Hure am Leben, die wird uns noch nützlich sein!
Auf seinem Befehl hin stürzten sich seine beiden Begleiter auf uns. Die Thorwaler Hure, wie er mich nannte, hatte keine Lust, ihm nützlich zu sein. Das ließ ich meinen Kontrahenten auch deutlich spüren. Hagen entledigte sich seinen Gegner aber wesentlich schneller als ich und kam mir zur Hilfe. Die beiden Handlager lagen uns tot zu Füßen.
Ostillio, um den handelte es sich wohl, hielt sich während des Kampfes zurück. Wo ist nur die verfluchte Zauberin, wenn man sie mal braucht, brummelte er vor sich hin. Dann stürzte er sich auf uns.
Mit der Wut eines Verzweifelten kämpfte Ostilio gegen uns. Er konnte sich nicht erlauben, uns beide, die sein geheimes illegales Bordell kannten, mit dem Leben davon kommen zu lassen. Er hatte Pläne mit mir. Besser gesagt, mit meinem Körper. Deswegen griff er bevorzugt Hagen an. Doch der Noriker-Krieger konnte seine Angriffe abwehren und im Gegenzug schaffte er, und auch ich, es immer wieder Ostilio zu verletzen. Am Ende waren wir beide zu stark für ihn. Hätte er um Gnade gebeten, wir hätten ihm sicher mit dem Leben davonkommen lassen. Doch er kämpfte bis zum Tod. Ein Hieb von Hagen schickte ihn in Borons Hallen.
Schaut so aus, als wäre ich zu spät da, ertönte plötzlich eine Stimme.
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Hagen und ich richteten unsere Waffen in die Richtung, aus der die Stimme kam. Mit gezücktem Rapier stand Golic in der Tür. Als wir unserem Freund erkannten, senkten wir unsere Waffen.
Ich konnte nicht ruhen. Ich musste selbst Nachforschungen anstellen, was mit meinem Täubchen passiert ist, erklärte uns der Streuner. Ich hörte von einem geheimen Bordell unter einer Bäckerei. Also kam ich hierher. Ich fand den gefesselten Bäcker und zwei offene Falltüren. Durch diese stieg ich. Dann hörte ich Kampfgeräusche. Doch als ich hier war, habt ihr ja schon alles im Griff gehabt, meine Freunde. Aber jetzt verratet mir, habt ihr mein Täubchen gefunden? Geht es ihr gut?
Wir erzählten Golic, dass wir Bri gefunden hatten. Wir brachten ihm dann gleich zu dem Zimmer, in dem sich die befreiten Entführten befanden. Bri stürmte gleich in die offenen Arme von Goilc. Beide liebkosten sich ausgiebig.
Das Geld, das wir im Bordell fanden, verteilten wir in gleichen Teilen unter den Gefangenen. Es sollte sie für die körperlichen Qualen, die sie erlitten, entschädigen. Der Glasbläser Nandollo Bamudschi war überglücklich, seine Tochter Thalia wieder in seine Arme nehmen zu können. Obwohl wir es ablehnten, gab er Hagen und mir noch einen Beutel voller Goldmünzen als Belohnung.
Bri änderte ihre Pläne. Sie wollte nicht mehr Kurtisane werden. Stattdessen reiste sie nun mit ihrem Geliebten Olic durch Aventurien und erlebte Abenteuer. So ähnlich wie Hagen und ich. Wer weiß, vielleicht treffen wir eines Tages wieder aufeinander…
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Hmm, brummte der schlecht rasierte dunkelhaarige Befehlshaber der Stadtgarde. Diese Geschichte soll ich euch nun wirklich glauben? Ihr brecht in ein Haus ein, bringt die Leute dort alle um und ich soll euch jetzt einfach so gehen lassen? Ihr habt Glück, dass die Zeugen, die ihr genannt habt, für euch aussagen. Sie sind wohl wirklich gegen ihren Willen dort festgehalten worden und es wurden schlimme Dinge gegen ihren Willen mit ihnen gemacht. Dieses Mal lasse ich euch noch davonkommen, doch das nächste Mal, wenn ihr in Belhanka seid, dann haltet euch gefälligst zurück!
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