Deicherbe

(ein Abenteuer von David Schmidt)

Im Westen Aventuriens, am Meer der Sieben Winde, befindet sich das Königreich Nostria. Das einst so stolze Königreich hat in der Vergangenheit stark gelitten. Zu einem gibt es den ewigen Streit mit dem Nachbarland Andergast und dann zog vor einigen Jahren noch eine fürchterliche Krankheit, die blaue Keuche, über das Land. Jeder vierte Einwohner verlor sein Leben. Doch die tapferen Nostrianer ließen sich nicht unterkriegen und versuchten, ihr Land wieder aufzubauen.

Der südliche Teil der Küste nennt sich das Seenland. Die Region trägt ihren Namen aufgrund der zahllosen Gewässer und des sumpfigen Bodens. Gleich zwei Mal am Tag spült die Flut des Meeres der Sieben Winde weit in das Land hinein, und besonders bei Sturmfluten oder nach längeren Regenperioden stehen große Teile des Seenlands unter Wasser. Aber auch im Landesinneren gibt es zahllose Seen, Tümpel und Bachläufe.

Die Einheimischen versuchen schon seit Jahrhunderten, den Gewalten des Meeres zu trotzen. Mit hohen Deichen legen sie immer wieder kleinere Landstriche trocken, doch stets holt sich das Meer bereits sicher geglaubtes Land zurück. So werden die verstreut liegende Gehöfte meist auf natürlichen oder künstlich angelegten Erdhügeln errichtet, um auch bei Sturmfluten und Deichbrücken Efferds Zorn entgehen zu können.

***

Hagen und ich befanden uns auf einem Ausritt am Strand. Mir gefiel diese Gegend. Erinnerte sie mich doch an meine Heimat. Thorwal lag auch nicht weit weg, grenzt im Norden sogar an Nostria. Aber auch gerade diese Nähe machte es für mich in Nostria nicht einfach. Meine Landsmänner waren hier nicht sehr beliebt. Kam es doch häufig vor, dass unsere Langboote die Küste entlangfuhren und Dörfer und Gehöfte überfielen.

Doch die Vorbehalte, die man mir und meinen Landsleuten gegenüber hatte, waren mir gerade egal. Ich genoss den Augenblick. Auf dem Rücken eines Pferdes sitzend über den einsamen Strand galoppierend, die frische Seeluft einatmend und im Hintergrund das Rauschen der Wellen hören. In der Ferne sahen wir ein Schiffswrack. Hagen schlug vor, ein Wettrennen dorthin zu auszutragen. Ich willigte ein. Aber mein Freund war nicht ganz fair. Er verabreichte seinem Pferd schon die Sporen, bevor er das Startsignal gab. Hämisch lachend ritt er mir davon.

Doch Hagens Lachen war nicht das Einzige, was ich hörte. Vom See kamen verzweifelte Hilferufe. Es klang wie eine Kinderstimme. Hagen schien das Schreien nicht zu hören. Er ritt weiterhin auf das Wrack zu. Ich, jedoch, brach die Verfolgung meines Gefährten ab und näherte mich dem See.

Das Schreien stammt von einem Kind. Der Junge war im weichen Wattboden eingesunken und schien im Schlicksand festzustecken. Noch dazu setzte die Flut ein und das Wasser um den Jungen herum stieg an. Ich sprang aus dem Sattel und stürzte mich in die Fluten, um den Jungen zu retten.

Ich musste kräftig ziehen, um ihn aus dem Schlickloch zu befreien. Nachdem ich ihn befreit hatte, beruhigte der Junge sich wieder. Mit dem kleinen Kerl im Schlepptau, schwamm ich zurück zum Ufer. Kurz nachdem wir am Ufer abgekommen waren, tauchte ein Mann auf. Dieser stürzte sofort auf den Jungen zu.

Alsilio, da steckst du also. Bei den Zwölfen, ich habe dich überall gesucht. Ist alles in Ordnung mit dir?

Papa, ich wollte einen Schatz finden, sprach der Junge. Aber dann bin ich im Sand stecken geblieben. Und bin immer tiefer und tiefer gesunken. Und dann kam das Wasser. Ich habe so eine Angst gehabt und geschrien. Und dann kam die Frau da und hat mir geholfen.

Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist, sagte der Mann und umarmte Alsilio. Dann wandte er sich mir zu: Werte Damen, habt Dank, dass ihr meinen Jungen gerettet habt. Er wäre sicherlich in der Flut ertrunken. Mein Name ist Elidan und habe einen Hof hier in der Nähe. Ich kann euch nicht viel bieten, würde euch aber gerne zu einem Abendessen an meinen Hof einladen.

Inzwischen kam auch Hagen angeritten. Er hatte gemerkt, dass ich ihm nicht weiterfolgte und wollte nachsehen, weswegen ich vom Weg abgewichen bin. Die Einladung von Elidan zum Essen nahmen wir gerne an.

***

Elidan führte uns zu seinem Gehöft. Alsilio durfte auf meinem Pferd sitzen. Das fand er so spannend, dass er die missliche Lage, in der er sich eben noch befand, schnell vergessen hatte. Sein Vater stellte sich unterwegs vor:

Ich bin noch nicht lange hier. Eigentlich hatte ich einen Bauernhof im Grenzgebiet zwischen Andergast und Nostria. Aber als Andergaster Soldaten unser Dorf besetzten, wurde ich mit meiner Familie von unserem Hof vertrieben. So richtig erklären kann ich mir das nicht. Ich hatte mir nichts zuschulden kommen lassen. Dann bin ich mit meinen fünf Kindern losgezogen. Asilio hier ist mein Jüngster. Meine Frau ist bei seiner Geburt verstorben.

Vor zwei Tagen fanden wir einen verlassenen Hof. Ich hoffe, dass wir uns da niederlassen können. Der Besitzer scheint den Hof vor einigen Wochen verlassen zu haben. Nur kann ich die Deichgabel nicht finden. Es ist Brauch, wenn man seinen Hof verlässt, die Gabel in die Deichkrone zu stechen. Wer auch immer kommt, um das Land zu beanspruchen, muss die Deichgabel besitzen.

Aber das ist doch nur ein alter Brauch, meinte Hagen. Habt ihr schon die anderen Deichbauern gefragt, ob diese euch etwas über den Vorbesitzer erzählen können? Vielleicht wissen sie ja auch, wo die Deichgabel versteckt ist.

Die Nachbarn sind ein schwieriges Thema. Als Fremder hat man es schwer mit ihnen. Untereinander scheinen sie eine verschworene Gemeinschaft zu sein, aber Neuankömmlinge mögen sie überhaupt nicht. Ich hatte mir auch etwas Hilfe bei der Instandsetzung des Hofs und des Deichs erhofft. Davon habe ich kaum Ahnung. Aber sie waren da sehr zurückhaltend, wollten nicht helfen und machten nur Andeutungen über einen düsteren Fluch.

Ein Fluch? Erzählt uns mehr davon, forderte ich Elidan auf.

Ach, nur Gerede, wehrte der Deichbauer ab. Ich habe auf dem Hof keine Anzeichen für einen Fluch entdecken können. Ich glaube ja eher, dass auf mir ein Fluch lastet. Erst stirbt meine Frau, dann verliere ich meinen Hof und diese verdammte Deichgabel ist nicht zu finden. Jetzt noch der Unfall meines Alsilios…

Habt ihr denn eine magiekundige Person verärgert, wollte ich wissen.

Nein, weder ich noch jemand aus meiner Familie hat eine magiekundige Kreatur erzürnt. Das kann ich mir nicht vorstellen. Das ganze Gerede um Flüche ist einfach Blödsinn. Aber darf ich euch eine Frage stellen?

Natürlich dürft ihr das, antwortete ich.

Ich hatte schon erwähnt, dass ich Hilfe auf meinem Hof bräuchte. Hättet ihr nicht vielleicht Lust einige Tage bei mir zu bleiben und mir und meinen Kindern bei den Arbeiten zu helfen? Ich kann euch nicht viel bieten: Unterkunft, eine warme Mahlzeit und ein paar Heller pro Tag. Aber eure Hilfe könnte ich wirklich gut gebrauchen.

Hagen und ich tauschten einen Blick aus. Der Krieger nickte mir zu: Behaltet eure Heller, antwortete ich Elidan. Wir helfen euch die nächsten Tage über gerne.

Au ja, freute sich Alsilo, als er das hörte. Janda kann dann mit mir Schatzsuchen gehen. Mit ihr an meiner Seite kann mir nichts passieren!

Wir lachten. Gerne halfen wir Elidan. Außerdem hatte das Gerede über diesen Fluch meine Neugierde geweckt. Wer weiß, welche sagenhafte Geschichte dahintersteckt, die ich zu einer neuen Ballade verarbeiten könnte.

***

Beim Abendessen lernten wir den Rest von Elidans Familie kennen. Elidans Ältester, Perlmin, sah seinen Vater zum Verwechseln ähnlich. Elidan lobte sein handwerkliches Geschick. Die rothaarige Ovine war ein sehr stilles und schüchternes Mädchen. Sie traute sich kaum, ein Wort mit uns zu wechseln. Elidan lobte ihre Klugheit und ihren Verstand. Sie sprach selten etwas. Wenn sie aber ihren Mund öffnete, kamen sehr schlaue Worte heraus. Das mittlere Kind, Sapertyn, bereitete Elidan am meisten Sorgen. Der Junge wirkte sehr verbittert. Er litt wohl sehr an dem Verlust seiner alten Heimat und auch daran, dass sein Vater dies so widerstandslos hingenommen hatte. Mit ihm kam es öfters zu Streit. Auch mit uns. Der Streit endete immer damit, dass Sapertyn für einige Stunden verschwand. Aber er tauchte immer wieder auf. Im Gegensatz dazu war die kleine Tomme ein lustiger und fröhlicher Wirbelwind. Auch, wenn sie sehr ungeschickt war. Bei einem Missgeschick verlor sie den kleinen Finger ihrer linken Hand. Elidan riet uns davon ab, ihr Werkzeug in die Hand zu drücken. Sie würde sich damit nur selbst verletzen. Alsilio kannten wir ja schon. Der kleine Junge verfügte über eine lebhafte Fantasie und träumte davon, Abenteuer zu erleben und Schätze zu finden.

Als ich nach dem Essen auf meiner Laute einige Lieder spielte, hörte er aufmerksam zu. Es war insgesamt ein sehr spaßiger Abend. Hagen tanzte mit Tomme. Dabei ignorierte er gekonnt, dass das kleine Mädchen ihm ständig auf die Füße stieg. Selbst der sonst so griesgrämige Sapertyn musste lächeln und tanzte auch mit seiner Schwester Ovine.

***

An den nächsten Tagen gab es viel zu tun. Aber es war trotzdem eine schöne Zeit. Am Haus gab es viele Arbeiten zu verrichten. So musste das Holzdach ausgebessert werden, um zu verhindern, dass es beim nächsten Sturm ins Haus hineinregnet. Perlmin zeigte sich da als begabter Handwerker.

Die hölzernen Fensterläden, die dem Meer zugewandt sind, waren in einem schlechten Zustand. Holz und Werkzeug für die Ausbesserung waren zwar da, doch fehlten die geeigneten eisernen Fensterbeschläge. Da mussten die alten Beschläge wieder aufgearbeitet werden, damit diese wieder verwendet werden könnten. Hagen zeigte ein ungeahntes Talent als Schmied.

Auch am Deich mussten Ausbesserungen durchgeführt werden. Die Grassoden und Binsen, mit denen die Deichkuppe zum Schutz vor Erosionen befestigt waren, wurden vom scharfen Seewind und dem starken Schein der Praiosscheibe vertrocknet und mussten ersetzt werden. Da waren mir die beiden Mädchen eine große Hilfe.

An einer Stelle an der Meerseite war, die mit Steinen und Hölzern verstärkte Deichwand unterspült und drohte nachzugeben. Wir mussten schnell handeln. Für die Reparatur blieb uns nur die Zeit zwischen zwei Fluten. Die Reparatur war auch sehr schwierig. Zuerst mussten wir die alten Hölzer entfernen und diese rechtzeitig vor der nächsten Flut wieder durch Neue ersetzen. Auch hier konnte Permil wieder als Handwerker glänzen. Der Junge war wirklich sehr begabt.

Nach der Flut blieben immer wieder Wasserlöcher auf der Landseite des Deichs zurück. Diese durchweichten den Boden und würden so zur Instabilität des Deichs beitragen. Das Wasser musste ablaufen. Dazu mussten wir Entwässerungsgräben anlegen.

Es gab genug für uns zu tun. Elidan war wirklich froh über unsere Unterstützung. Die meisten Arbeiten hätten sonst er und Perlmin allein durchführen müssen. Durch unsere Hilfe ging manches dann doch schneller.

Trotz der vielen Arbeiten fand ich auch noch Zeit dazu, mit Alsilio auf Schatzsuche zu gehen. Hagen versteckte vorher eine Goldmünze. Wir fanden diese tatsächlich. Der Junge strahlte über das ganze Gesicht, als er seinen Schatz barg.

Die fehlende Deichgabel jedoch konnten wir immer noch nicht finden. Aber auch von einem Fluch war nichts zu spüren.

***

Das Leben als Deichbäuerin gefiel mir so sehr, dass ich sogar nachts davon träumte. In meinen Träumen hatten Hagen und ich unser eigenes Gehöft, um das wir uns kümmern mussten. Am nächsten Morgen erzählte ich Hagen von meinem Traum.

Werte Janda, ich muss euch leider enttäuschen, erwiderte er mir. Als Krieger des Noriker-Ordens muss ich noch die nächsten neun Jahre durch die Lande ziehen und Gutes tun. In der Zeit kann ich mich bedauerlicherweise nicht als Deichbauer niederlassen. Aber ich verspreche euch, dass ich, sobald die Zeit abgelaufen ist zu euch und dem Hof eilen werde.

Ich lächelte ihn an: Das ist lieb von euch. Aber ich werde euch keine neun Jahre allein durch die Lande ziehen lassen. Ich weiche euch nicht von der Seite.

Er errötete: Auf die Antwort hatte ich gehofft.

Etwas beiläufig antwortete ich darauf: Vielleicht können wir dann auch so fünf herrliche Kinder haben, wie Elidan.

Hagen verschluckte sich an der Milch, die er gerade trank. Ich liebe meinen starken Krieger von ganzem Herzen. Aber es macht mir trotzdem immer wieder Spaß, ihn zu schockieren. Manchmal scheint er mir nicht so sicher zu sein, wie ernst ich solche Äußerungen meine. Um ehrlich zu sein, weiß ich das selbst nicht.

***

Hagen besuchte das naheliegende Dorf. Ich begleitete ihn nicht. Meine Abstammung als Thorwalerin könnte bei der vermeintlich engstirnigen Bevölkerung für ablehnende Reaktionen sorgen.

In der Dorfkneipe kam Hagen tatsächlich mit einem der Dorfbewohner ins Gespräch. Diesen sprach er auf diesen Fluch an, der auf diesem Gehöft lasten sollte.

Ja, das Gehöft kenne ich. Das gehörte früher den Frengesfold. Viele, viele Jahre hat er das Land da bearbeitet. Doch dann kam die blaue Keuche. Diese furchtbare Krankheit. Wie ein Fluch kam sie über unser geliebtes Nostria und hat vielen unseren tapferen Brüdern und Schwestern das Leben geraubt. Aber hier, in dieser Gegend, starben daran nur Frengesfolds Frau und Kinder. Alle anderen Gehöfte blieben davon verschont. Einige Jahre später kamen diese Barbaren aus dem Norden: die Thorwaler. Sie fuhren mit ihrem Drachenschiff die Küste entlang und plünderten unsere Höfe. Diese Monster machen das häufiger. Es gibt Gerüchte, dass sie bald wieder da sind. Aber damals, damals plünderten sie nur Frengesfolds Hof. Danach verschwanden die Nordmänner wieder. Hoffentlich bewahrheitet sich der Fluch diesmal auch. Besser, die Thorwaler plündern nur das Gehöft von diesen Elidan und vergewaltigen seine Töchter, und verschonen uns dafür. Das können wir uns nur wünschen. Aber, jetzt kommt es ganz dicke, sage ich euch! Wisst ihr, was dann geschah? Es ist noch gar nicht allzu lange her. Plötzlich verschwand Frengesfold. Spurlos ist er verschwunden. Nicht einmal seine verfluchte Deichgabel hat er zurückgelassen. Ich glaube nicht, dass er sich einfach so aus dem Staub gemacht hat. Dafür hat er sein Land zu sehr geliebt. Er wurde von dem Fluch aufgefressen. Da bin ich von überzeugt!

Und was passiert jetzt? Nun kommt dieser Söldner aus dem Hinterland, meint er könnte den Hof bewirtschaften, hat aber keine Ahnung. Der hat ja nicht einmal die Deichgabel. Und jetzt beherbergt er eine umherziehende Schweinsnase und eine Thorwaler Schlampe. Das sind bestimmt Spione, die für das nahende Drachenschiff das Land auskundschaften. Also, wenn es nach mir ginge, dann…

Niffl, weißt du, mit wem du da sprichst? unterbrach eine Stimme von der Theke den Redeschwall von Hagens Gesprächspartner. Das ist diese Schweinsnase von Elidans Gehöft.

Niffl verstummte. Er griff nach Hagens Bierkrug, drehte diesen um und schüttete das Bier über den Tisch. Dann stand er auf und gesellte sich zu dem Mann an der Theke.

Hagen wollte keinen Ärger machen. Er legte eine Silbermünze auf dem Tisch und verließ die Gaststätte. Er hatte ohnehin schon mehr erfahren, als er sich erhofft hatte.

***

Nach Hagens Rückkehr sahen wir uns eine Falltür im Haus genauer an. Diese ließ sich nicht öffnen. Elidan vermutete aber, dass es im Keller viele nützliche Dinge geben könnte: Werkzeuge, Reparaturmaterialien, Saatgut oder vielleicht sogar die Deichgabel könnten sich da unten befinden. Aber die Tür war wohl von unten verkeilt?

Hagen versuchte sich mit Gewalt an der Tür. Ich probierte mein Fingergeschick. Doch die Tür blieb verschlossen. Letztendlich griffen wir beide zu Äxten und schlugen das Holz ein. Eine Holzleiter führte in den Keller. Ein abgestandener Geruch von Fäulnis und Verwesung kam uns von da unten entgegen. Hagen und ich beschlossen, hinabzusteigen, um nachzusehen, was da es da unten zu finden gibt und auch der Ursache des Geruchs auf dem Grund zu gehen.

Ich hielt mich hinter Hagen und leuchtete ihn mit einem Gwyn-Petryl-Stein. Im Keller fanden wir einen Wasserbottich. Hagen hätte diesen fast nicht beachtet, doch mir stieg der faulige Geruch des Wassers in die Nase. Der Geruch erinnerte mich an Fisch. Hagen stocherte mit seiner Waffe in den Bottich und merkte, dass dort etwas lag. Nachdem es auf dem Gestochere mit seinem Schwert keine Reaktion gegeben hatte, griff er ins Wasser. Was er herauszog, schockierte uns…

Mit viel Aufwand zog Hagen einen stark abgemagerten Mann, wohl um die 50 Jahre alt, aus dem Wasser heraus. Er lag wahrscheinlich schon seit mehreren Wochen in den Bottich. An seinem Körper waren keine Spuren von Gewalteinwirkung erkennbar. Unterhalb der Ohren waren zwei schmale Schlitze erkennbar, ähnlich wie Kiemen.

Wir berichteten Elidan und seine Kinder von unserem Fund im Keller. Elidan und Perlmin erklärten sich, die Leiche zu begraben. Es war beschwerlich, den Leichnam nach oben zu bringen. Doch mit vereinigten Kräften schafften wir das. Elidan und Perlmin vergruben die Leiche in der Nähe des Hauses. Endlich konnte der Tote, vermutlich der Vorbesitzer, seine Ruhe finden.

***

Noch am selben Abend kam es zu einem unschönen Vorfall. Nach Einbruch der Dunkelheit näherte sich eine Gruppe Menschen den Hof. Ausgerüstet war die Meute mit Fackeln, Heugabeln und Stabäxten. Das bedeutete nichts Gutes. Gemeinsam mit Hagen ging Elidan vor die Tür, um mit den Leuten zu sprechen. Da ich als Thorwalerin den Zorn der Leute nicht noch mehr anstacheln wollte, hielt ich mich im Hintergrund.

Ein jüngerer Mann namens Melcherbald war der Wortführer der Meute: Hiermit fordern wir euch auf, den Hof sofort zu verlassen oder wir brennen alles hier nieder!

Immer mit der Ruhe, versuchte Hagen den aufgebrachten Mob zu beschwichtigen. Was werft ihr Elidan vor, dass ihr ihn von dem Hof vertreiben wollt?

Der Mann kommt einfach hier her und meint, er kann in den Hof einziehen. Er hat keine Ahnung von unseren Gebräuchen. Noch dazu kennt er sich mit der Arbeit, dem harten Leben eines Deichbauers nicht aus. Er pfuscht hier herum und mit seiner fehlerhaften Arbeit gefährdet er auch unsere Höfe. Wenn man einen Hof übernimmt, geht das nur, wenn man die Deichgabel des Vorbesitzers hat. Habt ihr die inzwischen, Elidan? Habt ihr sie gefunden? Außerdem gibt er sich mit Fremden ab. Wer seid denn ihr, dass ihr hier so große Reden schwingt? Man hört, ihr seid mit einer Thorwalerin unterwegs. Seid ihr gar Spione für diese Räuber?

Mein Name ist Hagen von Greifenfurt. Ich reise im Auftrag des Noriker-Ordens durch das Land, um Hilfsbedürftigen beizustehen. Die Thorwalerin ist meine Begleiterin und hat nichts mit plündernten Seeräubern gemein. Dieser Mann hier ist hilfsbedürftig und ich stehe ihm bei. Er wird es lernen, wie man das Land hier bewirtet. Er wird gute Arbeit leisten und euch auch ein guter Nachbar sein. Nun zieht davon und lasst euren Nachbarn in Frieden.

Aber ihm fehlt die Deichgabel, widersprach Melcherbald. Außerdem ist das Land hier verflucht. Es kann nichts Gutes daraus werden.

Dem Fluch werden meine Gefährtin und ich auf dem Grund gehen, kündigte Hagen an, und um die Deichgabel werden wir uns auch noch kümmern.

Na gut, knurrte Melcherbald. Wir gehen wieder. Aber wenn bis nächste Woche die Deichgabel nicht da ist, kommen wir wieder und fackeln alles ab.

Auf Melcherbalds Kommando zog der wütende Mob in die düstere Nacht davon.

***

Der Auftritt der Nachbarn hatte die Kinder, die mit mir im Haus blieben, stark beeindruckt und verunsichert. Die beiden Mädchen Ovine und Tonde waren sehr verängstigt und weinten. Ich tröstete die Mädchen. Der kleine Alsilo hingegen zeigte sich kämpferisch: sollen sie nur kommen! Ich haue denen alle auf die Nase!

Papa, ich habe schon immer gesagt, dass es ein Fehler war, die Heimat zu verlassen. Das haben wir jetzt davon, schimpfte Sapertyn. Lasst uns wieder nachhause gehen!

Wir können nicht mehr zurück, brummte Elidan seinen zweitältesten Sohn an. Wir wurden verbannt.

Das hättest du dir nie gefallen lassen sollen, entgegnete das Kind trotzig seinem Vater. Das ist genauso wie mit dem Land hier. Du bekommst nichts auf die Reihe. Du bist ein Versager! Wütend verschwand Sapertyn im Obergeschoss des Hauses.

Vielleicht sollten wir wirklich weiterziehen, fragte Perlmin.

Und dann? Wir werden immer Fremde bleiben, entgegnete Elidan. Wir werden nirgendwo willkommen sein. Wir bleiben hier und setzen uns hier durch. Morgen werden wir alle noch einmal nach dieser verdammten Deichgabel suchen.

Und wenn wir die nicht finden, fragte Ovine, die sich inzwischen wieder beruhigt hatte.

Dann hauen Alsilo und ich ihnen auf die Nase, antwortete ihr Vater.

Hagen und ich sind euch dabei gerne behilflich, versicherte ich Elidan.

***

Janda, Janda, kommt schnell! Alsilo rannte mir entgegen. Ich habe was gefunden! Das müsst ihr euch ansehen!

Ich folgte den jungen Knaben. Er führte mich zu seinem Fund. Im Watt lag ein kleiner Gegenstand mit einem siegelstockartigen Kopf, am anderen Ende war ein Eisensporn mit doppelgezackter Spitze und einer flachen Klinge. Am hölzernen Stiel wurde mit einem Lederband der gebogene Zahn einer Seeschlange befestigt. Auf dem Zahn waren Runen eingeritzt. Doch waren diese schon so sehr verblasst, dass man sie nicht mehr erkennen konnte. Dies schien die Deichgabel zu sein.

Da hast du schon wieder einen Schatz entdeckt, lobte ich den Jungen und fuhr ihm mit meiner Hand durch sein wildes Haar. Alsilo strahlte übers ganze Gesicht. Gemeinsam brachten wir die Deichgabel zu seinem Vater.

Elidan freute sich über den Fund. Endlich würden ihm die anderen Deichbauern akzeptieren. Prüfend machte er einige Bewegungen mit dem ungewohnten Werkzeug. Dabei schnitt er sich mit dem Seeschlangenzahn im Finger. Blut tropfte auf dem Tisch.

***

Im Lauf des Tages ging es Elidan plötzlich schlecht. Er klagte, dass er nur noch schlecht Luft bekam. Außerdem hatte er das Verlangen, seinen Körper ständig unter Wasser zu tauchen. Als ich ihm mir genauer ansah, fiel mir auf, dass sich unterhalb seiner Ohren zwei Kiemenspalten gebildet haben. Ähnlich, wie bei der Leiche, die wir im Keller fanden.

Wir füllten einen Badezuber mit Wasser. Solange Elidan in diesem saß, fühlte er sich wohl. Doch er konnte nicht den Rest seines Lebens in der Badewanne verbringen. Diese Verwandlung musste mit der Deichgabel, mit der er sich geschnitten hatte, zu tun haben. War dies etwa der Fluch, der auf dem Gehöft lag? Egal, wir mussten etwas unternehmen, um diesen Fluch zu brechen. Nur wie konnten wir das schaffen?

Ich blieb auf dem Hof, beruhigte die aufgeregten Kinder und kümmerte mich um Elidan, während Hagen zu den Nachbarn ging. Diese freuten sich darüber, dass Elidan endlich die Deichgabel gefunden hat und würden auch keine Schwierigkeiten mehr machen. Als Hagen ihnen von Elidans Zustand erzählte, zeigten sie sich betroffen, hatten aber noch nie von einem ähnlichen Fall in der Vergangenheit gehört. Auch sie glaubten, dass dies der Fluch sei, der auf dem Land liege.

Ovine erzählte mir von einer Hexe, von der sie auf ihrer Reise durch das Seenland gehört hatte. Junga Lynia soll in einer Hütte an einem See im Hukmarschen Moor leben. Diese würde von den Bewohnern des Seenlandes öfters aufgesucht und um Rat und Hilfe gebeten werden. Vielleicht könnte diese ihren Vater retten.

Da wir keine bessere Idee hatten, packten Hagen und ich die Deichgabel ein und brachen auf, um die Hexe zu finden. Die Kinder ließen wir mit ihrem Vater allein auf dem Gehöft zurück.

***

Ihr ward doch eben schon da… wir haben nichts mehr… zieht weiter! Flehte uns ein älterer Mann an, als wir uns mit unseren Pferden einem Gehöft näherten.

Unsere Pferde stoppten. Werter Mann, ihr braucht keine Angst vor uns haben, versuchte Hagen den Mann zu beruhigen. Wir werden euch nichts antun. Was ist euch zugestoßen?

Die Thorwaler waren da und haben unsere Schafe geraubt. Ihre Anführerin hat uns angeboten, dass wir ihr unseren besten Krieger entgegenstellen könnten, um einen Zweikampf über den Besitz der Schafe entscheiden zu lassen. Nur kann keiner von uns kämpfen. Da haben wir ihnen die Schafe kampflos überlassen. Ihr seid vielleicht kein Thorwaler, aber eure Begleiterin sieht aus wie eine von den Piraten.

Werter Mann, ihr täuscht euch, versuchte ich ihm zu beruhigen. Ich öffnete meinen Zopf und schüttelte mit heftigen Kopfbewegungen mein blondes Haar aus. Wie ihr an meinem goldenen Haar erkennen könnt, bin ich eine Elfe.

Eine Elfe? So ganz traute mir der Mann noch nicht: Aber ihr habt keine spitzen Ohren?

Ich sah ihm tief in die Augen, lächelte ihm an und bemühte mich sehr verführerisch zu klingen, als ich ihm zuhauchte: Ich gehöre dem seltenen Volk der Rundohrelfen an. Es gibt nur noch wenige von uns.

Dies schien er mir zu glauben. Er wirkte nun nicht mehr so ängstlich. Ich fragte ihm nach dem Weg zum Hukmarschen Moor. Wir würden dort die Hexe Junga Lynia aufsuchen wollen.

Der Mann beschrieb uns den Weg zur Hexe. Doch würden wir da nur auf eine leere Hütte treffen. Junga Lynia sei vor kurzem verstorben. Als er unsere Enttäuschung bemerkte, erzählte er uns aber von einer anderen Schönen der Nacht. Karlitta von Lyckweiden wäre genauso schlau und hilfsbereit wie es Junga war. Allerdings wäre sie manchmal etwas launisch und man sollte sie nicht verärgern. Wer dies getan hatte, kehrte nicht mehr aus dem Moor zurück.

Er erklärte uns den Weg zur Hütte von Karlitta von Lyckweiden. Diese war etwas weiter entfernt als die von ihrer verstorbenen Kollegin. Wir mussten uns beeilen.

***

Zwei Tagesritte später erreichten wir eine unscheinbar aussehende Hütte am Rande eines Sees. Vor der Hütte war ein Kräuterbeet angelegt. Da kniete eine Frau und grub einige Ableger ein.

Die Bezeichnung Schöne der Nacht passte zu Karlitta. Sie hatte lange, rostrote Haare. Ihre Augen waren schwarz, doch konnte man ihr nicht lange in die Augen sehen. Immer wieder wurde mein Blick (und Hagen ging es sicher nicht anders) auf ihren Busen gelenkt, auf dem sie das Hautbild einer Schlange trug. Manchmal kam es mir so vor, als würde sich der Kopf der Schlange bewegen.

Besuch! Wie schön… was ist euer Begehr, für das ich nun meine Arbeit unterbrechen muss? Ihre Stimme klang freundlicher, als es die Auswahl der Worte war.

Bemüht, nicht ständig auf die Schlange zu schauen, erklärte ich ihr unser Anliegen. Karlitta hörte interessiert zu. Nachdem ich geendet hatte, meinte die Hexe: Ich kann euch helfen. Ich werde eine Salbe herstellen. Streicht sie über die Kiemen. Sie werden verschwinden und euer Freund kann wieder normal atmen.

Das ist wunderbar, antwortete Hagen erfreut. Was wollt ihr als Lohn?

Mich interessiert dieser Schlangenzahn. Den würde ich mir gerne genauer ansehen.

Hagen holte die Deichgabel hervor und gab sie der Hexe. Karlitta entfernte das Lederband, mit dem der Zahn an der Gabel befestigt war und gab Hagen die Deichgabel wieder.

Habt Dank! Nun werde ich mich an die Herstellung der Salbe setzen. In der Zwischenzeit kümmert ihr euch um mein Beet.

Karlitta verschwand in ihrer Hütte. Hagen und ich sahen uns kurz erstaunt an. Dann begannen wir die Ableger im Beet einzupflanzen.

***

Die Hexe brauchte genauso lange für die Herstellung der Salbe, wie wir für das Einpflanzen der Ableger brauchten. War das ein Zufall oder hatte Karlitta gewartet, bis wir fertig waren? Wir bedankten uns bei der Schönen der Nacht, nahmen die Salbe entgegen und machten uns auf den Weg. Wir hatten keine Ahnung, wie viel Zeit wir noch hatten. Doch mussten wir unseren Pferden und auch uns unterwegs Pausen gönnen. Wir schafften die Rückreise dann doch innerhalb von zwei Tagen. Wie es sich herausstellte, kamen wir keinen Tag zu spät zurück.

In der Ferne sahen wir einen Jungen über das Watt auf das Haus von Elidan rennen. Das war Alsilio. Ihn rannte eine Horde von wild schreienden Männern hinterher. Die Thorwaler waren angekommen und wollten das Gehöft überfallen. Wir gaben unseren Pferden die Sporen und ritten meinen Landsmännern entgegen. Als wir an Alsilio vorbeiritten, griff ich nach dem Jungen und zog ihn zu mir aufs Pferd hoch. Hagen und ich zogen unsere Waffen. Als wir vor den Thorwalern waren, schrie Hagen laut: Halt!

Die Thorwaler blieben tatsächlich vor uns stehen. Kehrt wieder um, forderte Hagen sie auf. Dieses Gehöft gehört einem armen Mann und seinen Kindern, die hart um ihr Überleben kämpfen müssen. Sie haben weder Tiere noch Geld. Das wenige Gemüse, das sie anbauen, reicht gerade für sie. Hier gibt es nichts zu holen für euch.

Sie haben aber genug Geld, um zwei Söldner anzuheuern, ertönte eine Stimme aus der Menge.

Keine Söldner, wir sind gute Freunde, die der armen Familie beistehen, antwortete Hagen.

Ihr seid zu zweit, wir sind dreißig. Wir rennen euch über den Haufen, antwortete eine Stimme aus der Masse. Der Kommentar wurde durch lautes Lachen begleitet.

Hagen stieg von seinem Pferd ab und stellte sich vor die Menge: Wer ist euer Anführer? Ich bitte euch ein Duell an. Wer zuerst drei Treffer einsteckt, muss weichen.

Das klingt nach Spaß! Der Ausruf wurde wieder durch lautes Lachen aus der Menge begleitet.

Die Menge teilte sich in der Mitte. Ein mittelgroßer, aber stämmiger, Thorwaler mit schulterlangem rotem Haar und einem zerzausten Vollbart trat hervor: Ich bin Thurbold Yasmonson und werde über euch kommen, wie eine Flut! Die Menge hinter ihm jubelte.

Ich bin Hagen von Greifenfurt, Krieger des Noriker-Ordens, stellte sich Hagen vor.

Thurbold schnaubte verächtlich aus: Das geht mir am Arsch vorbei. Seine Krieger lachten laut.

Hagen holte zum Schlag mit seinem Langschwert aus. Doch dieses prahlte am Schild von Thurbold ab. Thurbolds Axt hingegen verfehlte den Noriker. Der zweite Schlag des Norikers traf den Anführer der Thorwaler. Ein erstauntes Raunen ging durch die Menge. Auch der zweite Schlag des Thorwalers verfehlte Hagen. Doch Yasmonson konnte Hagens nächsten Schlag abblocken. Er holte aus, aber seine Axt wurde von dem Schwert gebremst. Hagen gelang der zweite Treffer. Langsam wurde es für den Piratenanführer brenzlig. Hagen schien ihm aber überlegen. Geschickt wich er dem nächsten Schlag aus. Aber noch war sein Gegner nicht geschlagen. Den nächsten Schlag wehrte er mit seinem Schild ab, holte aus, aber Hagen konnte wieder parieren. Hagen drückte die Axt hinunter, zog sein Schwert hoch, bewegte es nach vorne und stach auf die Brust des Thorwalers ein.

Ein Raunen ging durch die Menge. Entgeistert sah Thurbold seinen Bezwinger an: Wir gehen jetzt wohl besser. Die Thorwaler kehrten zu ihrem Langboot zurück und fuhren davon.

***

Elidan saß immer noch in seinem Badezuber. Seine Kinder hatten ihn umringt und umsorgten ihn. Obwohl er sehr geschwächt war, musste er lächeln, als ihn Alisilio aufgeregt von den Ereignissen am Strand erzählte. Ich schmierte Karlittas Salbe über die Kiemen unter seinen Ohren. Diese verschwanden sofort und Elidan konnte die Wanne verlassen. Es dauerte trotzdem noch einige Tage, bis er wieder bei Kräften war. Aber in Perlmin hatte er einen zuverlässigen und geschickten Vertreter gefunden, was die Arbeiten auf dem Gehöft betraf.

Die Abwehr des Thorwaler Angriffs hatte auch bei Melchbald und den anderen Nachbarn großen Eindruck hinterlassen. Die Nachbarn begegneten nun Elidan und seinen Kindern freundlicher und hilfsbereiter. Sie waren auch bereit, bei Arbeiten zu unterstützen und ihr Wissen mit ihm zu teilen.

Sogar der griesgrämige Sapertyn schien sich jetzt mit dem Leben auf dem Hof anzufreunden. Vielleicht lag es auch daran, dass ihm ein Mädchen von einem benachbarten Gehöft schöne Augen machte. Sobald sie ihn den Laufpass erteilte, würde er wohl wieder der alte unzufriedene Nörgler werden.

***

Ihr wollt uns nun wirklich verlassen, fragte Elidan. Wir hatten unser Hab und Gut gepackt und die Pferde gesattelt. Es war Zeit, wieder weiterzuziehen.

Eure Nachbarn können euch jetzt besser helfen, als wir, antwortete Hagen. Landwirtschaft ist nicht unser Beruf. Es gibt andere Dinge, mit denen wir uns besser auskennen. Und diesen sollten wir wieder nachgehen.

Hagen und Janda, ich stehe tief in eurer Schuld. Ich wünschte, ich könnte es euch irgendwie vergüten. Aber seid euch sicher, dass ich immer eine warme Mahlzeit und einen Schlafplatz für euch haben werde, wenn ihr vorbeikommt.

Zum Abschied umarmten wir uns.

Wartet! Wartet! Alsilio kam angerannt. In seiner Hand hielt er ein Holzschwert, das ihm Hagen gebaut hatte: Ihr müsst mich mitnehmen! Hagen, du musst mich zum Krieger ausbilden. Eines Tages will ich so gut kämpfen können, wie du.

Hagen lachte laut auf: Alsilio, wir können dich nicht mitnehmen. Dein Platz ist hier auf dem Hof. Es muss doch jemand hier sein, wenn die Plünderer wieder kommen. Und du weißt ja, was du dann zu tun hast?

Alsilio streckte sein Holzschwert in die Luft: Ich werde ihren Anführer zum Duell herausfordern und dann aufs Meer zurückschicken!

Ich kniete vor dem kleinen Jungen nieder und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Mach’s gut, mein Held, flüsterte ich ihm ins Ohr. Ich hatte Tränen in den Augen. Gerne hätte ich den Jungen mitgenommen. Doch sein Platz war bei seiner Familie auf dem Hof. Hagen und ich hatten keinen festen Platz. Wir mussten durch Aventurien reisen, gefährliche Monster bekämpfen und bei verübtem Unrecht einschreiten. Wir mussten dafür sorgen, dass diese Welt ein besserer Ort wird, damit Alsilio und seine Familie in Frieden leben können.


Janda Frejasdottir

Janda Frejasdottir ist eine Bardin aus Thorwal. Sie war es Leid, nur die Lieder zu singen, die jeder bereits kennt. Deswegen begab sie sich auf eine Reise, um ihre eigenen Abenteuer zu erleben. Unterwegs traf sie auf dem Noriker-Krieger Hagen von Greifenfurt, mit dem sie nun gemeinsam durch Aventurien reist, um Abenteuer zu erleben und neue Lieder zu schreiben.

3 comments on Deicherbe

  1. Ich lese eure Abenteuergeschichten wirklich gerne. Es ist sehr interessant, zu erfahren, wie die Abenteuer bei den Spielerfiguren angekommen sind. Da lernt man auch was fürs eigene Spielleiten!

    1. Danke für das Lob, Balduin. Es freut mich sehr, dass dir das Lesen der Geschichten Spaß machst und du auch Anregungen fürs Spielleiten bekommst. Viele Grüße, Janda

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