Hochzeit wider Willen

(ein Abenteuer von Alex Spohr aus der Anthologie „Drachenwerk & Räuberpack“)

An der Mündung des Barun-Ulahs ins Perlenmeer liegt Zorgan, die Hauptstadt von Aranien. In der Stadt stehen die Zauberschule des Sehenden Seins, der Hauptsitz der Botenreiter die Blauen Pfeile, die Schreiberschule mit typografischem Institut, das Theater und der Hauptsitz der Händlergilde der Mada Basari. Alle vier Jahre findet hier das aventurische Bardentreffen statt. Seit dem Großen Ausbruch einer Pocken-Epidemie mit tausend Toten ist die bis dahin als „Namenlose Seuche“ bekannte Krankheit aventurienweit als Zorgan-Pocken bekannt. Die Epidemie in Zorgan konnte nur durch geschicktes Eingreifen der Peraine-Kirche gestoppt werden. Dadurch hatte die Perainekirche auch bis in das Jahr 1029 ihren Hauptsitz in Zorgan. Danach wurde sie nach Ilsur verlegt.

Aranien liegt an der Ostküste Araniens und gilt als das Tor zu den Tulmanidenlande, sowohl politisch als auch kulturell und klimatisch. Seit jeher ist Aranien eine bedeutende Handelsmacht. Innerhalb der matriarchalisch geprägten Gesellschaft nehmen die vielen Ordensgemeinschaften sowie die Rondra-, Phex-, Peraine und Rahja-Kirche eine wichtige Rolle ein. Hexen sind zahlreich und sehr einflussreich.

***

Wir begleiteten eine Karawane von Perricum nach Zorgan. Nachdem wir in der Stadt angekommen waren, wurden wir von den Handelsherren im Gasthof zum Roten Kamel untergebracht. Der Wirt Taref zeigte sich sehr bemüht, um seine Gäste und legte sich gewaltig ins Zeug, um uns, und seinen anderen Gästen, den Aufenthalt in seinem Haus so angenehm wie möglich zu gestalten.

Abends in der Wirtsstube wurde ein richtiges Spektakel geboten. Musiker, eine Bauchtänzerin und ein Schlangenbeschwörer sorgten für Zerstreuung. Neben den gewöhnlichen Wirtshausspeisen tischte Tarif auch aranische Spezialitäten, wie Marzipan und auch Straußenei, auf. Einige unserer Mitreisenden saßen beim Kartenspiel zusammen. Es mischten sich einige Einheimische darunter. Auch Hagen spielte mit. Zum Leidwesen eines der Mitspieler sehr erfolgreich. Der Mitspieler reagierte sehr ungehalten auf Hagens Erfolg, beleidigte ihn als Falschspieler und musste von einem seiner Freunde zurückgehalten werden. Beide verließen daraufhin auch das Rote Kamel.

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Nach reichlich aranischen Wein verzogen Hagen und ich uns in unser Zimmer. Doch von einer ruhigen Nacht konnten wir leider nicht sprechen. Nein, diesmal war es nichts Hagens Geschnarche, das mich wach hielt. Mitten in der Nacht hörten wir, wie sich jemand an unserer Tür zu schaffen machte. Wir griffen nach unseren Waffen und warteten ab, was passieren würde.

An der anderen Seite der Tür war kein besonders fähiger Schlossknacker. Es dauerte eine Weile, bis unsere Tür aufschwang. Vier Gestalten, eine davon war der Mann, der Hagen beim Würfeln beleidigte, stürmten in unser Zimmer. Sie waren überrascht, uns kampfbereit vorzufinden. Doch den Überfall sollten sie bereuen. Wir waren keineswegs die leichte Beute, die sie erwartet hatten.

Durch den Kampflärm wurden Tarefs Wachen alarmiert. Doch bis diese bei uns auftauchten, hatten wir das Problem selbst gelöst. Die unsinnige Idee ihres Überfalls mussten die Vier mit ihrem Leben bezahlen. Auch Taref erschien. Der Wirt war sehr bestürzt und entschuldigte sich wortreich bei uns für den Überfall. Normalerweise gäbe es solche Vorkommnisse nicht in seinem Haus. Aber wir hätten gekämpft wie Löwen und hätten ihn sehr beeindruckt. Er würde jemanden kennen, der unsere Hilfe gebrauchen könnte. Wenn wir damit einverstanden wären, würde er uns die Person am nächsten Tag vorstellen.

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Für Feruja as’Sarjabaran ist nur das Beste gut genug. Die erfolgreiche Händlerin trägt nur die teuersten und buntesten Stoffe. Sie ist mit wertvollen Kostbarkeiten geschmückt. Ihr geht es gut, sie ist erfolgreich und sie zeigt es auch. Ferujas möchte auch, dass es ihr und ihrer Familie weiterhin sehr gut geht. Deswegen möchte sie, dass ihr Sohn in eine altehrwürdige Familie in Elburum einheiratet. Doch hat ihre Familie auch Feinde und diese wollen verhindern, dass die Hochzeit stattfindet. Das wäre ein Grund, weswegen sie auf der Suche nach einer Eskorte für ihren Sohn ist.

Den anderen Grund bekamen wir mit, als wir ihren Sohn, Muhalla, kennenlernten. Zwei Hauswachen brachten einen gutaussehenden Mann, Anfang 20, in den Raum. Nachdem sie ihn erzählt hatte, dass wir ihn nach Elburum eskortieren würde, fing er zu protestieren an. Er weigerte sich, verheiratet zu werden.

Seine Mutter entschuldigte sich bei uns: Verzeiht, dass ihr das alles mit ansehen müsst. Muhalla hat letzte Woche mehrfach versucht zu fliehen. Ich konnte nicht anders, als ihn unter Hausarrest zu stellen und ihn bewachen zu lassen. Ihr seht, während der Reise müsst ihr gut auf ihn Acht geben. Die Hochzeit muss unbedingt stattfinden. Vor langer Zeit sind wir mit der Familie Arinischa einen Vertrag über die Hochzeit eingegangen. Wenn sie nicht bald stattfindet, könnten wir des Vertragsbruchs angeklagt werden.

Ihr könnt euch auf uns verlassen. Wir werden euren Sohn nach Elburum bringen und die Hochzeit wird dort stattfinden, versicherte ihr Hagen.

Das ist gut, antwortete Feruja. Wartet morgen vor Tarifs Gaststube auf Muhalla und seine Diener. Dort wird die Reise beginnen.

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Ich fühle mich nicht wohl bei der Sache, erzählte ich Hagen. Ich finde es nicht richtig, dass wir den jungen Mann zu seiner Hochzeit zwingen.

Wir sind in Aranien,Janda, antwortete Hagen. Hier ist es normal, dass Männer gegen ihren Willen zur Hochzeit gezwungen werden. Ebenso wie es in anderen Teilen des Landes Frauen ergeht. Das gehört zur Kultur dazu.

Aber, würde es euch gefallen, würde man euch gegen euren Willen vermählen, fragte ich.

Ich bin kein Aranier. Und wir haben einen Auftrag. Wir werden Muhalla nicht unterwegs entkommen lassen, sondern ihn bei seiner Zukünftigen abliefern. Vielleicht verliebt er sich ja doch noch in sie, meinte Hagen.

***

Am nächsten Morgen wurden wir bei Sonnenaufgang bereits von Muhalla und seine Diener vor der Gaststätte zum roten Kamel erwartet. Muhalla hatte fünf Begleiter dabei. Beremosch, Sohn des Birasch, war sein, oder besser gesagt seiner Mutter, treu ergebener Diener. Der Zwerg sollte darüber wachen, dass wir unsere Ware sicher an ihr Ziel brachten. Er würde uns auch am Ende der Reise entlohnen.

Während Beremosch auf einem Pony, Muhalla auf einem Pferd saßen, waren die restlichen vier Diener zu Fuß unterwegs und schwer beladen. Gemeinsam trugen sie eine schwere Kiste. In dieser Kiste war Muhallas Mitgift verstaut, erklärte uns Beremosch auf unsere Nachfrage. Hagen fand es besser, die Kiste auf ein Packpferd zu laden und die Diener in Zorgan zu lassen. Doch Beremosch bestand darauf, dass die Diener die Truhe nach Elburum tragen sollten. Immerhin habe seine Herrin das befohlen.

Während Hagen noch mit Beremosch am Diskutieren war, zog eine Handelskarawane an uns vorbei. Söldner liefen neben den Kamelen her und sorgten dafür, dass diese in den engen Gassen genug Platz hatten und jeder ihnen auswich. Wie ein Keil drängte sie sich zwischen uns und Muhalla und seinen Dienern. Die Karawane schien unendlich zu sein. Das kam Muhalla gelegen. Er drehte sich um und rannte weg.

Hagen und ich drängten uns an den Kamelen der Karawane vorbei und verfolgten den davoneilenden Bräutigam. Dieser griff nach einem Händler und riss ihm um. Dieser landete direkt auf der Straße vor uns. Hagen wich ihm geschickt aus. Ich sprang über den Händler hinweg. Plötzlich rollten uns Melonen entgegen. Muhalla musste gegen einen Stand getreten haben. Aber auch denen konnten wir ausweichen. Irgendjemand bewarf uns mit Datteln. Wir schenkten dem keine Beachtung und verfolgten unsere Beute weiter. Ich hatte Muhalla eingeholt und versperrte ihm den Weg. Kurz nach mir folgte Hagen. Wir hatten den Flüchtling umzingelt.

Beruhigend hob Muhalla die Hände: He Leute, nichts für ungut. Kein Grund, sauer zu sein. Mir ist nur ein Dinar aus der Tasche gefallen und davongerollt. Ich wollte ihn bloß wieder einfangen. Was? Zwei Meilen ist der durch die Stadt gerollt? Donnerwetter, ist das abschüssig hier!

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Nachdem wir den Bräutigam wieder eingefangen hatten, konnten wir mit unserer kleinen Gruppe aufbrechen. Beremosch meinte, dass wir mindestens sieben Tage unterwegs wären, bis wir Elburum erreichen würden. Ich war mir nicht sicher, ob er mit seiner Prognose Recht behalten würde. Die Diener sorgten dafür, dass wir nicht schnell vorankamen. Nicht nur, da sie zu Fuß unterwegs waren.

Der jüngste von ihnen, Omar, war die einzige Ausnahme. Zwar war er etwas tollpatschig, doch auch neugierig auf Neues. Zum ersten Mal in seinem Leben durfte er Zorgan verlassen und war gespannt, was es in der weiten Welt zu sehen gab. Nicht so motiviert waren die restlichen drei.

Naslan war an jedem Morgen der Diener, der zuletzt auftauchte. Meist mussten wir ihn gewaltsam aus seinem Bett zerren. Jede Nacht betrank er sich. Mit dröhnenden Schädel fiel ihm dann am nächsten Morgen das Aufstehen schwer. Doch auch als wir ihm den Alkohol verbaten, fand er immer noch Wege, sich des Nachts heimlich zu betrinken, und wir fanden ihn weiterhin jeden Morgen verkatert vor. Selbst die Standpauken, die Beremosch dem Diener hielt, brachten ihn nicht dazu, sein Verhalten zu ändern.

Auch die beiden anderen Diener, Shafur und Halef, trugen nicht gerade zu einem schnellen Fortgang der Reise bei. Shafur konnte man es nicht recht machen. Er war generell schlecht gelaunt. Schien die Sonne, war es ihm zu warm. Verdeckten Wolken die Praiosscheibe, schimpfte er, dass es zu düster sein. Unterwegs beklagte er sich, dass seine Füße schmerzten. Rasteten wir, hatte er Angst, dass wir unser Tagesziel nicht erreichen würden.

Halef schien auch kein Interesse an einem schnellen Vorankommen zu haben. Schon nach wenigen Schritten fing er an darüber zu klagen, wie erschöpft er wäre. Der immer unzufriedene Shafur stimmte sofort in sein Wehklagen ein. Auch nach Pausen zögerte Halef den Aufbruch hinaus. Mal suchte er einen Ring, den er angeblich verloren hatte (später fiel ihm ein, dass er den nicht dabeihatte), mal musste er ununterbrochen auf die Toilette rennen. Aber im Gegensatz zu Naslan halfen ihr die harten Worte, die Beremosch nach dem zweiten Tag mit ihm sprach.

Muhalla versuchte nicht mehr davonzulaufen. Wir gaben ihn aber auch keine Gelegenheit dazu. Wenn wir nachts in einer Karawanserei am Wegrand übernachteten, fesselten wir ihn an sein Bett. Statt zu fliehen, versuchte er in den folgenden Tagen uns von der Ungerechtigkeit dieser Hochzeit zu überzeugen. Mich überhäufte er mit Komplimenten: O du schönste aller Rosen, dein Duft versetzt mich in süße Träume, dein Anblick raubt mir den Verstand. Erweise deinen liebestrunkenen Bittsteller deine Gunst und sei heute Abend mein Gast. Lass mich dich davon überzeugen, welches Geschenk ich für die Weiblichkeit bin und meine Manneskraft verschwendet ist, wenn diese nur für eine Frau bestimmt ist.

Ich lehnte lachend ab: Falls eure Manneskraft wirklich so stark ist, wie ihr behauptet, würde ich euch wegsperren, um euch nicht mit anderen Frauen teilen zu müssen. Eure künftige Braut ist also zu beneiden.

Ihr habt gut lachen, erwiderte Muhalla aufgebracht. Ihr seid frei und könnt reisen, wohin ihr wollt. Mir wollt ihr diese Freiheit absprechen? Das ist ungerecht.

Zumindest schaffte er es, mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Ich dachte tatsächlich darüber nach, ihm nachts in seiner Kammer zu besuchen. Nicht um mit ihm den Bettlaken zu teilen, sondern um seine Fesseln zu zerschneiden und ihn davon zuschicken. Aber ich wollte meinen Gefährten nicht in den Rücken fallen. Hagen, pflichtbewusst wie immer, war es sehr wichtig, den Auftrag auszuführen.

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Mit unseren Dienern, die störrischer waren, als es ein Esel je sein könnte, kamen wir nur langsam voran. Zwar wurden wir nach der Anzahl der Tage bezahlt, die wir unterwegs waren, trotzdem wollten wir unseren Auftrag schnell zu Ende bringen. Muhalla im Auge zu behalten, war anstrengend.

Wir waren nun fünf Tage unterwegs. In der Ferne entdeckte ich ein merkwürdiges Funkeln im Gras. Ich entfernte mich von der Gruppe, um nachzusehen, was das Funkeln verursachte. Im Gras lag ein faustdicker Diamant. Während ich noch überlegte, wie der Stein hierher gelangt war, griff plötzlich jemand nach mir. Ich fühlte die kalte Klinge eines Dolches an meiner Kehle.

Aus dem Dickicht tauchten plötzlich zwanzig Ferkinas auf. Sie umringten unsere Gruppe und drohten damit, mir die Kehle aufzuschlitzen, sollte jemand sie angreifen. Dann schnappten sie sich die Kiste und nahmen sich Muhalla als Geisel. Niemand sollte ihnen folgen, sonst würden sie Muhalla und mich umbringen.

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Nicht weit, vom Ort des Hinterhalts, hatten die Ferkina ihre Pferde versteckt. Sie luden die Kiste und uns auf die Pferde und ritten davon. Nach etwa einer Stunde stoppten sie, fesselten mich und ließen mich am Wegesrand liegen. Muhalla nahmen sie mit. Scheinbar wurden sie angeheuert, um ihn zu entführen.

Ich sah mich um. Am Wegesrand lagen einige Steine. Ich suchte einen sehr spitzen Stein, um meine gefesselten Hände damit zu befreien. Es gelang mir, das Seil durchzureiben. Nachdem ich meine Hände befreit hatte, konnte ich das Seil, das um meine Beine gebunden war, entfernen. Kaum hatte ich mich befreit, tauchte auch schon Hagen auf.

Er hatte Beremosch und die Diener zur nächsten Ortschaft vorausgeschickt, wo sie auf ihn warten sollten. Dann nahm er die Verfolgung der Tulmaniden auf. Er war erleichtert, mich wohlerhalten zu finden. Gemeinsam setzten wir die Verfolgung der Ferkinas fort.

Ihre Spur führte uns zu einer Höhle. Vor der Höhle saßen vier der Ferkinas vor einem Lagerfeuer. Sie hatten auch vier Pferde bei sich. Der Rest der Truppe schien weitergereist zu sein. Ich erkannte das Pferd, auf dem Muhalla transportiert wurde. Es wäre möglich, dass sie ihn auf ein anderes Pferd verladen haben und mitgenommen hatten, aber es bestand auch die Möglichkeit, dass er sich in der Höhle befand. Es gab nur eine Möglichkeit, dies herauszufinden.

Hagen griff nach seinem Zweihänder und ich umklammerte meine Orknase. Wir stürmten auf die vier Ferkinas zu. Mit dem Vorteil der Überraschung auf unserer Seite waren die Tulamiden leichte Opfer für uns. Nun betraten wir die Höhle…

***

Das ist eine einmalige Gelegenheit, meinte Muhalla, als Hagen ihn von seinen Fesseln befreite. Ich wurde entführt. Alles, was ihr noch von mir findet, ist mein blutverschmierter Turban. Ihr kehrt zu meiner Mutter zurück und übergebt ihr den Turban. Während sie um mich weint, werde ich weit entfernt die schönsten Blumen des Landes bestäuben. Ihr dürft als Belohnung die Kiste mit meiner Brautgabe behalten. Denn auch die ist verschwunden. Wir werden alle Gewinner sein!

Schon allein wegen dieser Worte sollte ich auch gefesselt lassen, grummelte Hagen, befreite Muhalla aber trotzdem von seinen Fesseln. Wir werden nach Elburum reisen und dort werdet ihr eure Braut heiraten.

Seid ihr sicher, das ist eine einmalige Gelegenheit. Muhalla gab nicht auf, mit seinen Versuchen, uns beide von seiner Flucht zu überzeugen. Doch damit stieß er bei uns auf Gestein, hart wie Koschbasalt.

***

Die Pferde, der verstorbenen Tulamiden nahmen wir mit. Am Treffpunkt angekommen, luden wir die Kiste mit dem Brautschatz auf eines der Pferde, die Diener Halef, Omar, Shafur und Naslan teilten sich die verbleibende Pferde. Hagen schickte die Diener zurück nach Zorgan. Beremosch protestierte dagegen. Aber unsere Reise nach Elburum dauerte schon zu lange und er hatte keine Lust mehr, auf weitere Hindernisse und Probleme. Wenn wir zügig ritten, sollten wir unser Ziel am nächsten Tag erreichen.

Bei unser voraussichtlich letzten Station bat Muhalla darum, seine letzte Nacht in Freiheit noch einmal genießen zu dürfen. Er würde sich gerne noch einmal mit einigen Damen vergnügen. Hagen erlaubte ihm dies. Muhalla musste sich aber damit einverstanden erklären, dass er sich trotzdem unter Beobachtung und Bewachung befand. Der Bräutigam willigte ein: Beobachtet mich und lernt dabei!

Letztendlich gab es nicht viel zu beobachten. Der tolle Hecht schlief ein, bevor er in den Teich hüpfen konnte. Hagen trug den schlafenden Muhalla auf seine Kammer und fesselte ihn wie an jedem Abend an sein Bett. Beremosch übernahm die erste Wache, während Hagen und ich noch in der Schankstube beisammensaßen.

Aufgeregt tauchte der Zwerg in der Schankstube auf: Ihr müsst schnell kommen! Unglaubliches geschieht in Muhallas Kammer. Plötzlich ging das Fenster auf und Muhalla begann zu schweben!

Schnell standen wir auf und stürmten in Muhallas Kammer. Das Bett, an dem der Bräutigam gefesselt war, war leer. Das Fenster stand offen. Wir blicken durch das Fenster. Muhalla schien über die Straße zu schweben. Es sah fast so aus, als würde er von jemanden getragen werden. Von einem Unsichtbaren.

Direkt unter dem Fenster stand ein Heuwagen. Hagen sprang aus dem Fenster und landete im Heu. Er nahm die Verfolgung auf. Ich folgte ihm. Der Krieger sprang nach diesem Etwas, das sich unter Muhalla befand. Doch landete er auf dem Boden. Muhalla schwebte zur Seite. Hagen streckte seine Hand aus. Er bekam wohl etwas zu fassen und riss es nach unten.

Muhalla stürzte zu Boden und begrub einen laut fluchenden nackten Mann unter sich, der plötzlich sichtbar wurde. Muhalla indessen schlief friedlich weiter. Wir gaben dem Mann die Gelegenheit seine Blöße zu bedecken, seine Kleidung war in der Nähe versteckt, brachten Muhalla wieder zurück in sein Bett und verhörten dann unseren Gefangenen.

***

Mein Name ist Seikan al’Maruwaduru. Ich wollte verhindern, dass Muhalla as’Sarjabaran Elburum erreicht. Er soll auf keinen Fall die liebliche Radajana Birshensunya Arinischa zur Frau nehmen. Aber all meine Bemühungen sind umsonst. Es scheint Rastullahs Wille zu sein, dass diese liebliche Blume in einer lieblosen Beziehung verwelkt.

Warum wollt ihr die Hochzeit verhindern, fragte ich nach.

Als ich Radajana zum ersten Mal sah, wusste ich, dass dies die Frau ist, mit der ich bis an das Ende der Welt zusammen sein möchte. Bei ihrem Anblick fühle ich mich wie bei einem Sonnenaufgang. Ihr Lachen ist wie ein Regen nach einer langen Dürre. Seitdem ich ihr Antlitz zum ersten Mal erblickte, fühlte ich mich wie neugeboren. Doch heute ist wohl der finsterste Tag meines Lebens, wo mir bewusst wird, dass wir beide uns niemals glücklich machen werden.

Empfindet Radajana genauso für euch, wollte ich wissen.

Ich habe ihr meine Gefühle offenbart und sie ist gerne in meiner Nähe. Die Aussicht auf diese Hochzeit betrübt ihre Sinne, ebenso wie die Meine.

Es eine Heirat, die außer den Eltern niemanden glücklich macht, merkte Hagen an. Er schien zum ersten Mal richtige Zweifel an unseren Auftrag zu bekommen.

Ich habe eine Idee, wie wir das ändern könnten, meinte ich.

***

Am nächsten Morgen weihte ich Muhalla in meinen Plan ein. Er stimmte diese zu. Wir lieferten ihn bei seiner künftigen Familie in Elburum ab. So übel fand Muhalla Radajana nicht, als er sie kennenlernte. Auch sie war von ihrem künftigen Bräutigam angetan. Trotzdem blieb Muhalla der Überzeugung, dass er nicht sein Leben lang einer Frau treu bleiben wollte.

Schon am Abend überraschte seine künftige Schwiegermutter Muhalla dabei, wie er sich mit einer Dienerin im Badezimmer vergnügte. Er wurde sofort des Hauses verwiesen. Die Hochzeit war kein Thema mehr und der Weg war frei für Sheikan seiner Angebeteten den Hof zu machen.

Feruja as’Sarjabaran war erzürnt über das Verhalten ihres Sohnes. Muhalla sollte ihr besser nicht mehr unter die Augen treten. Das tat er auch nicht, sondern reiste durch die Lande, um die Damenwelt zu beglücken. Hagen und ich hatten unseren Auftrag erfüllt, auch wenn die Hochzeit nicht zustande kam. Dass die Idee, wie man die Hochzeit vereiteln konnte, am Ende von mir stammte, wusste Muhallas Mutter zum Glück nicht.


Janda Frejasdottir

Janda Frejasdottir ist eine Bardin aus Thorwal. Sie war es Leid, nur die Lieder zu singen, die jeder bereits kennt. Deswegen begab sie sich auf eine Reise, um ihre eigenen Abenteuer zu erleben. Unterwegs traf sie auf dem Noriker-Krieger Hagen von Greifenfurt, mit dem sie nun gemeinsam durch Aventurien reist, um Abenteuer zu erleben und neue Lieder zu schreiben.

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