Das große Fest

(Fortsetzung von Das Attentat)

Am nächsten Tag ging Ansgar wieder zu seiner normalen Arbeit über. Allerdings war er nicht ganz bei der Sache. Freudig fieberte er die Rückkehr seines Herrn Golgolgol entgegen, und war gespannt darauf, welche Belohnung der Zwergenhändler bereit war, für die Zerschlagung der Intrige zu geben. Aber auch andere Gedanken, düsterer Natur, sorgten dafür, daß er sich ständig bei der Kontrolle der Reiskörner verzählte. Die zwei Schürzen aus der Metzgerei wollten ihm nicht aus dem Kopf gehen. Den Metzger hatten sie ausgeschaltet. Doch was war mit der zweiten Schürze… drohte ihnen noch Gefahr? Vielleicht sollte man doch noch einmal einen Blick in die Metzgerei werfen. Sein Blick ging durch das Fenster und schweifte über den Markt, auf der Suche nach Gerodil. Tatsächlich sah er ihn. Ansgar ließ seine Reiskörner liegen und suchte Gerodil auf.

Gerodil genoss gerade seine neuste Errungenschaft: eine Pfeife. Der süßliche Geruch des Tabaks stieß Ansgar in die Nase und ließ ihn erst einmal sein Ansinnen vergessen. Er wollte unbedingt auch eine Pfeife und den köstlichen Tabak schmecken. Der Thorwaler suchte den nächsten Pfeifenhändler auf und kaufte sich dort eine langstielige Pfeife, sowie einiges an Steinkraut. Gerodil und Ansgar setzten sich auf eine Bank und ließen genüsslich ihre Pfeifen dampfen. Wie Ansgar dem Dampf so nachsah, kam er auf eine Idee: er wollte aus dem Rauch kleine Kringel formen, die aussahen, wie das leckere Gebäck, das ihm seine Mutter immer gab, als er noch ein kleines Kind war. Bei dem Versuch den Rauch in Kreisform aufsteigen zu lassen, verschluckte er sich aber so stark, daß er einen starken Hustenanfall bekam und seine Pfeife fallen ließ. Gerodil musste ihm auf den Rücken klopfen. Nachdem er sich wieder erholt hatte, nahm Ansgar seine Pfeife, säuberte sein Mundstück und rauchte weiter.

Seine Sorgen schien Ansgar vergessen zu haben, aber Gerodil erinnerte ihn daran, dass er ihm etwas erzählen wollte. So berichtete der Händler den Zwergen von seinen düsteren Gedanken. Nach einigen Überlegungen beschlossen sie, die Metzgerei erneut aufzusuchen. Diesmal war sie geöffnet. Sie trafen einen sehr überforderten Metzgergesellen an. Er hatte alle Hände voll zu tun. Zu seinem Ärgernis ist sein Meister nicht erschienen und auch ein Teil des Lagers, große Schweinehälften, sind über Nacht verschwunden. Jetzt müsste er sich um die Kunden kümmern. Ansgar und Gerodil ließen sich beschreiben, wo sein Meister wohnte, und versprachen nachzuforschen, was mit dem Metzger los sei. Wie zu erwarten war, reagierte niemand auf das Klopfen an der Tür des Wohnhauses des Metzgers. Ansgar und Gerodil kehrten zur Metzgerei zurück, um den Gehilfen zu berichten. Sie versprachen aber nochmals am Abend beim Wohnhaus vorbeizusehen und sich dann nochmal bei ihm zu melden. Danach kehrten sie zum Handelskontor von Golgolgol zurück, um dort auf das Eintreffen des Zwergenhändlers zu warten.

In der Zwischenzeit war Sepulkaria aufgewacht und begab sich in die Schankstube des Grünen Markts. Dort unterhielt sie sich mit der Schankmaid Miranda. Die Frauen sponnen Pläne für ihr künftiges Geschäft und freundeten sich weiter an. Sepulkaria träumte davon, künftig im Schankraum des Grünen Markts an einer Stange akrobatische Übungen zu zeigen. Im Süden nannte man dies Polantes Tanzes. Doch bräuchte sie dafür mehr Übung. Auch das gemeinsame Musizieren der Damen sollte ein fester Bestandteil ihres Programmes werden. Beide verstanden sich so gut, dass sie sich auch Komplimente  für ihr Erscheinungsbild und ihres Namens machten. Miranda sei ein sehr fruchtiger Name, fand die Halbelfe. Beide hofften auf finanzielle Unterstützung von Golgolgol, da Sepulkaria bei der Zerschlagung des Verschwörerringes mitgewirkt hatte. Um herauszufinden, wie sich die Unterstützung auswirkte, hüllte Sepulkaria sich nun in ein Tuch und ging zum Handelskontor.

Als sie bei Golgolgols Anwesen ankam, war der große Herr noch nicht eingetroffen. Aber Gerodil empfing sie und führte sie in Ansgars (durchs Steinkraut reichlich verrauchte) Zimmer. Nachdem sie gelüftet hatten, weihten sie Sepulkaria in ihre inzwischen geschmiedeten Pläne ein. Beide haben beschlossen, dass man die Metzgerei wegen der Schmugglertätigkeiten weiterhin überwachen sollte. Dafür haben sie Sepulkaria vorgesehen, die sich als Bettlerin verkleiden sollte. Zu ihrem Schutz wollte man den Informanten, den Ansgar zur Hand hatte, abstellen. Doch zuerst wollte man Golgolgol fragen, ob er diesen Plan unterstützt. Sepulkaria sträubte sich erst, ließ sich dann aber doch überzeugen, bei dem Plan mitzuwirken. Ihre Unterredung wurde unterbrochen. Durch das offene Fenster bekam man mit, dass Golgolgol zurückkehrte. Sepulkaria verabschiedete sich erst einmal, wies aber beide noch einmal darauf hin, dass auch ihr eine Belohnung zustünde.

Golgolgol wurde überschwänglich von seinen Untergebenen begrüßt. Danach verzog er sich mit dem Boten, der ihm die Nachricht überbrachte, Ansgar und Gerodil in sein Besprechungszimmer zurück. Er ließ sich nun erzählen, was in der Zwischenzeit passiert war. Da der Bericht von Ansgar und Gerodil dem entsprach, was der Bote ihm berichtete, entspannte sich der Zwergenhändler. Durch die entspannenden Tage auf dem Lande und der Erfahrung, dass ihm jemand nach dem Leben trachtete, beschloss Golgolgol künftig etwas kürzerzutreten und zwei Stellvertreter zu ernennen. Dank ihrer Verdienste sollten Ansgar und Gerodil künftig als seine rechte und linke Hand tätig sein. Sie sollten außerdem Befugnisse haben, ohne Rücksprache mit ihm Handlungen auszuführen. Die Sprache kam auf zwei Damen, die gerne die Gaststätte Grüner Markt zu einem neuen Geschäft ausbauen würden. Golgolgol wurde dazu eingeladen, die beiden Damen bei einem Fest, das ihm zu Ehren abgehalten werden sollte, kennenzulernen. Die Idee von dem Fest gefiel Golgolgol. Bei dem Fest sollte er auch der Hügelzwergin Viralla (ehemals Ingralla) vorgestellt werden, die Interesse an einem festen Stand auf dem Marktplatz hat. Die Gebühr dafür hatte sie (dank Gerodil) schon zusammen. Sie brauchte nur noch die Genehmigung. Den Schmugglerring wollte Golgolgol nicht weiter verfolgen. Auf seinem Markt würde keine illegale Ware ohne sein Wissen verkauft werden. Mit illegalen Geschäften würde er sich auskennen. Sein Erfolg käme nicht von ungefähr.

Gerodil steuerte direkt den Grünen Markt an, um Sepulkaria zu informieren, dass ihre geplante Aktion nun doch nicht stattfinden wird und auch, um die beiden Damen zu informieren, dass sie ein großes Fest zu Ehren von Golgolgol ausrichten dürfen. Würde das Fest das Gefallen von Golgolgol finden, dürften sie sich bei ihrer Geschäftsidee auf seine Unterstützung verlassen. Erst war Sepulkaria enttäuscht, da sie sich schon viel Mühe um die Verkleidung machte. Aber bald überwog die Begeisterung darüber, ein großes Fest ausrichten zu dürfen. Miranda und sie waren Feuer und Flamme, was die Planung der Feier betraf. Sie beschlossen den berühmten lauten und stimmungsvollen Timeron Bron, Barde aus Leidenschaft, einzuladen, damit dieser für die musikalische Unterhaltung sorgen sollte. Miranda arbeitete an am Plan für ein mehrgängiges Menü. Beide Damen wünschten sich die Anwesenheit von Ansgar herbei, denn es war bekannt, dass Thorwaler wussten, wie man Feste feierte. Deswegen schickten sie Gerodil aus, seinem Freund ausfindig zu machen.

Eigentlich wollte Ansgar noch in Ruhe ein Pfeifchen rauchen, doch da traf er schon auf Gerodil, der ihm mitteilte, dass seine Anwesenheit im Grünen Markt erwünscht sei. Also machte er sich unverzüglich auf dem Weg dorthin. Denn Damen soll man nicht warten lassen. In der Zwischenzeit begab sich Gerodil auf der Suche nach Viralla. Es dauerte nicht lange, da lief ihn die Zwergin über den Weg. Er lud sie zu dem Fest ein. Erst war Viralla misstrauisch, aber dann ließ sie sich doch von Gerodil überzeugen, dass es eine ernstgemeinte Einladung war und diese ihr auch helfen würde, ihren Traum vom eigenen Marktstand, näherzukommen. Begeistert nahm sie an.

Miranda und Sepulkaria freuten sich über das Eintreffen von Ansgar am Grünen Markt. Beide wollten wissen, was er für Ideen für die Feier am Abend hatte. Ansgar fiel ein alter Brauch der Barbaren aus dem hohen Norden ein, der sogenannte Speertanz. Die wilden Krieger führten dies als Ritual zur Demütigung ihrer Gegner aus. Sie steckten ihren Speer in den Körper des Besiegten und vollführten akrobatische Übungen an diesen Speer aus (erinnerte etwas an den südländischen Polantes Tanzes). Ansgar erklärte sich bereit, dies nur mit einem Lendenschurz bekleidet aufzuführen, doch diese nordischen barbarischen Bräuche würde Miranda nicht in ihrem Etablissement dulden. Aber die Idee des Tanzes fanden die Damen nicht schlecht. Ansgar konnte sich das Versprechen auf einem Tanz mit Sepulkaria sichern. Der Thorwaler meinte außerdem, dass Wettkämpfe bei Feiern immer gut ankamen. Er erinnerte sich an ein Hühnerknochenwettspucken, was sehr zur Belustigung der Teilnehmer beitrug. Aber auch davon waren Miranda und Sepulkaria, obwohl Halbthorwalerin, nicht zu überzeugen. Aber der Wettkampfgedanke gefiel ihnen. Ansgar schlug ein Messerwerfen vor. Am besten auf Gerodil als Zielscheibe. Nicht, weil er seinen Freund loswerden wolle, sondern, da dieser aufgrund seiner Größe schwer zu treffen sein. Aber auch Messerwerfen auf lebendige Ziele wollte Miranda nicht durchführen. Stattdessen schlug sie vor, dass man auf Zielscheiben würfe. Ansgar fand das langweilig, aber Sepulkaria war begeistert von der Idee.

In der Zwischenzeit kam Gerodil wieder in den Grünen Markt und ließ sich berichten, was seine Freunde für den Abend planten. Er war von den Ideen begeistert. Doch dann vertrieben die Frauen die beiden Männer aus der Gaststätte, denn sie mussten den Abend vorbereiten. Die beiden Freunde zündeten sich ihre Pfeifen an, als sie den Grünen Markt verließen und pafften vor sich hin. Als Ansgar seinen Rauchwolken hinterher sah, überlegte er, ob er versuchen sollte, thorwalische Drachenboote aus dem Rauch zu formen. Doch ihm fiel sein Desaster vom Vormittag ein. Deswegen entschloss er sich dagegen.

Gerodil und Ansgar machten sich frisch für den Abend. Da sie bis zur Feier noch etwas Zeit hatten, gingen sie vorher noch  Pfeife schmauchend durch die Stadt spazieren. Unter anderem schauten sie noch einmal bei der Metzgerei vorbei, konnten aber nichts Auffälliges entdecken.

Im Grünen Markt waren die Frauen mit den Vorbereitungen beschäftigt. Miranda hatte ein dreigängiges Menü vorbereitet: Fischschuppe, Eintopf und sehr teure Fleischkeulen, deren Wert wohl 120 Silbertaler betrugen. Als die Männer ankamen, bekamen sie gleich Aufgaben zugewiesen.  Gerodil bezog seinen Posten hinter der Tür, um den Zugang zur geschlossenen Gesellschaft zu regeln, während Ansgar die Wurfscheibe an die Wand hämmerte.

Kurz darauf erschien schon Golgolgol mit zwei leichtbegleiteten Damen, Elischa und Nadjia. Diese sollten Sepulkaria bei der Ausrichtung der Feier und Bedienung der Gäste zur Hand gehen. Ansgar nahm sie in die Arme und führte sie in die Küche, um sie Sepulkaria vorzustellen.

Diese eilte daraufhin in den Schankraum, um Golgolgol willkommen zu heißen. Als sie zurückkehrte, schickte sie Miranda zur Begrüßung hinaus. Sepulkaria wollte auf das Essen aufpassen. Doch die Versuchung war so groß, von den teuren Rinderkeulen zu kosten. Da konnte die Halbelfe nicht widerstehen.  Doch die Keule war so heiß, dass sie Sepulkaria aus der Hand fiel und auf dem Boden der Küche landete. Sie hörte Miranda zurückkommen. Da wurde sie panisch und warf die angebissene Fleischkeule aus dem Fenster. Miranda kam ihr aber auf die Schliche. Zähneknirschend verzieh sie ihr. Fleischkeulen für 120 Silbertaler… wenigstens  zahlte Golgolgol diese.

Es trafen immer mehr Gäste ein. Es entwickelte sich ein stimmungsvoller Abend. Sepulkaria sorgte für die musikalische Untermalung, bis der berühmte laute und stimmungsvolle Timeron Bron, Barde aus Leidenschaft, eintraf. Mit einem Good job, dancers verschaffte er sich Einlass, sprang auf einen leeren Tisch und sorgte dafür, dass die ohnehin schon gute Stimmung im Grünen Markt überkochte. Begeistert von der Musik schnappte sich Ansgar Elischa und tanzte mit ihr.

In der Zwischenzeit kam mit etwas Verspätung Viralla an. Sie berichtete Gerodil von einer seltsamen Gestalt, die ihr begegnet ist. Es schien so, als wäre der Mann mit spitzem Bart auf dem Weg zum Grünen Markt, doch dann verschwand er. Das wirkte wirklich sehr seltsam. Kurze Zeit später bot ihm Ansgar an, ihn abzulösen, damit auch Gerodil etwas feiern konnte. Doch zuerst inspizierte der Zwerg die nähere Umgebung um den Grünen Markt. Er konnte aber nichts Verdächtiges erkennen. Er kehrte in den Grünen Markt zurück, sprach noch einige Worte mit Viralla und genoss eine leckere Rinderkeule. Danach kehrte er zu seinem Posten zurück.

Sepulkaria forderte Ansgar zum Messerwerfen heraus. Wenn sie gewinnen sollte, würde sie 5 Silbertaler erhalten. Wenn er gewinnt, würde sie mit ihm tanzen. Ansgar warf das Messer besser als sie. Also musste die Halbelfe mit ihm tanzen. Zu seinem Unglück war die Musik, die Timeron Bron spielte, so heißblütig, dass der Thorwaler damit überfordert war und er seine Tanzpartnerin nicht mit seinen Künsten betören konnte.

Nachdem sich Golgolgol genug amüsiert hatte, wurde der Abend rasch beendet. Die Gäste verschwanden und am Ende waren nur noch Miranda, Sepulkaria, Gerodil und Ansgar übrig. Man war überzeugt, dass man den Zwergenhändler und Ratsherrn Golgolgol begeistern konnte und dieser den Grünen Markt bei seiner Neuausrichtung finanziell unterstützen würde. Während Gerodil nach Hause ging, Sepulkaria und Miranda ihre Zimmer aufsuchten, blieb Ansgar noch in der dunklen Schankstube des Grünen Markts zurück und zapfte sich noch ein Norisbräu. Doch nachdem er diesen Krug geleert hatte, suchte auch er sein Bett auf.


Golgolgol

Golgolgol heißt im wirklichen Leben Stefan Will. Er wurde zum DSA-Spieler, weil sein Bruder D&D besser fand, und ihn deswegen seine DSA-Basisbox schenkte. Bis Mitte der 1990er Jahren war Stefan in der Rollenspielszene sehr aktiv und probierte verschiedene Systeme aus. Nach einer langen Pause fand er 2020 das Interesse am Pen und Paper wieder und kehrte zu seinem "Heimatsystem" DSA zurück. Über die Änderungen im Lauf der Jahre war er sehr erstaunt. Trotzdem nahm er das Hobby begeistert wieder auf und gründete mit einem Mitspieler die Republik Norisburg, die zur Heimat ihrer Spielfiguren wurde. Hier im Blog berichtet Stefan von seinen Spielrunden und teilt seine Gedanken zu P&P-Themen mit.

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