Seelanders Eleven

(ein Abenteuer von Dominik Hladek)

Gareth ist die mit Abstand größte Stadt Aventuriens. Angeblich leben 170 Tausend Leute hier. Laut Edikt des Boten des Lichts ist die Hauptstadt des Mittelreiches sogar Mittelpunkt der Welt. Viele kaiserlichen Paläste zeugen davon, die prachtvollen Villen reicher Bürger und Adliger, ebenso die vielen Tempel, derentwegen Gareth auch die Stadt der 100 Tempel genannt wird. Aber wo viel Licht ist, findet man auch viel Schatten. Viele Garether, insbesondere in den Teilen außerhalb der Stadtmauern, leben in bitterer Armut. Hier ringen Verbrecherbanden um die Macht, die ihr tägliches Brot vornehmlich mit Schutzgelderpressung, Raub, Schmuggel, Diebstahl und Hehlerei erwirtschaften. Die Furcht vor Verbrechen, Hungersnöten, Seuchen und Aufständen gehört zum Leben in der Metropole, deren Bewohnern man einen ganz besonderen Stolz auf ihre Stadt nachsagt. Kaiserin Rohaja residiert in Gareth, wenn sie einmal nicht mit dem Kaiserhof durch die Provinzen ihres Reiches zieht.

***

Praiosmin Seelander saß uns im Büro ihres Hotels gegenüber. Wir wurden ihr von einem gemeinsamen Bekannten empfohlen. Sie benötigte dringend Hilfe. Praisomin gehörte das große Hotel Seelander, an dem alljährlich ein großes Mahl mit wichtigen Gästen zu Ehren der Garether Kriegsveteranen stattfindet. Neben den Veteranen der letzten fünfzig Jahren nehmen auch Gildenmeister und einflussreiche Bürger teil. In diesem Jahr ging nach einem erfolgreichen Feldzug der Kaiserin ein Spendenaufruf zugunsten der Veteranen an das Patriziat. Viele reiche Gäste haben sich angekündigt, mit dem erklärten Ziel großzügige Spenden zu hinterlassen.

Am Vormittag fand Praiosmin im Hotel auf dem Flur einen Zettel. Auf dem Zettel waren Göttersymbole und andere Zeichen. Da auch das Festmahl 12 je einer Gottheit zugeordnete Gänge hat und die Reihenfolge übereinstimmt, vermutete Praiosmin, dass irgendwas während des Festmahls stattfinden wird. Aber was, ließ sich durch die Symbole nicht erkennen. Schlüssel, Rechtecke, Tiere, Zahlen, Gesichter, Männchen, Treppen, Messer, Flaschen und Torbögen waren zu erkennen. Aber was sollte es bedeuten?

Mischt euch als Gäste unter die Gesellschaft und versucht herauszufinden, was heute hier passieren soll, wies uns Praiosmine an. Wenn ihr was herausgefunden habt, gebt mir Bescheid. Wir müssen verhindern, dass heute etwas Schlimmes in meinem Hotel passiert.

Was passiert mit den Spendengeldern? Wenn so eine hohe Summe hier zusammenkommt, ist das sicher ein Anreiz für eine Diebesgruppe, fragte ich.

Die Spenden werden bei der Ankunft der Gäste von mir persönlich in Empfang genommen. Ich führe die Gäste in den Tresorraum, nehme dort die Spende an und danach wird der Raum von mir abgesperrt. Für die Tür braucht man zwei Schlüssel und eine Zahlenkombination, die nur ich kenne. Auch beide Schlüssel führe ich mit mir.

Gibt es sonst Wertgegenstände, die von Interesse für Diebe sind?

Die Comtessa Cusmara della Fiorina wird den Uthurischen Mondpanther, den berühmtesten Diamanten Gareths, in ihrem Diadem tragen. Das könnte Begehrlichkeiten wecken.

Ist jemand von hohem Rang anwesend, der Ziel eines Anschlags werden könnte, wollte Hagen wissen.

Es sind nur bedeutende Mitglieder der Garether Gesellschaft anwesend. Jeder könnte das Ziel eines Anschlags hier sein. Oder noch schlimmer: alle sind das Ziel eines Angriffes. Mit einem Schlag könnte man den größten Teil der hohen garethischen Gesellschaft ausrotten. Keine Sorge, das Essen wird von meinem Hausmagier überprüft, bevor es angerichtet wird. Aber es gibt noch viele andere Möglichkeiten, den angesehenen Leuten hier zu schaden.

Habt ihr Feinde? Will euch jemand schaden, fragte Hagen weiter.

Mir fällt da niemand ein. Unter den Gästen ist Tirion Bugenhog. Er ist Ratsherr und auch Direktor der Therme. Er möchte gerne das Seelander kaufen. Aber ich glaube nicht, dass er mir absichtlich schaden würde, um mich zu einem Verkauf zu zwingen.

Was ist mit eurem Personal? Habt ihr für den heutigen Tag neue Leute eingestellt?

Sämtliche Bedienstete gehören zum Stammpersonal. Lediglich das Wachpersonal wurde für die Festlichkeiten erweitert. Angeführt wird das Wachpersonal von Lo, einer früheren Abenteurerin. Sie steht schon seit langem bei mir im Dienst und ist mir gegenüber sehr loyal. Neben Lo sind noch zwölf andere Wachleute anwesend. Viele davon sind ausgebildete Elitesoldaten und ein paar angeworbene Söldner. Einige Räume werden dauerhaft bewacht und einige der Wachen sind auf Rundgänge im und um das Hotel unterwegs.

Mehr hilfreiche Informationen konnte uns Praiosmine nicht geben. Ich fertigte noch eine Abschrift des Zettels an. Vielleicht würde uns der im Lauf des Abends noch helfen können.

***

Erster Gang: Tsa. Speise: Aperitif in den Farben des Regenbogens, dazu Tsa bunte Häppchen-Auswahl: Gemüsepaste von jungen Möhrchen und Tomaten, Schnitze der roten Rübe und zarte Kartöffelchen. Symbole auf dem Zettel: ein Schlüssel.

Hagen und ich beschlossen, als Pärchen aufzutreten. Er als Abgesandter des Noriker-Ordens und ich als seine Begleitdame. Als solche wollten wir uns unter die Gesellschaft mischen und uns umhören.

Der erste Gang wurde bei einem Stehempfang angerichtet. Nach und nach erschienen die Gäste. Sie wurden von Praiosmine begrüßt und brachten dann in ihrer und Los Begleitung ihre Spende in den Tresorraum. Danach verteilten sich die Gäste auf den Eingangsbereich und den Salon, wo ihnen von Bedientesten die Häppchen gereicht wurden.

Hagen mischte sich unter die Veteranen, die geehrt werden sollten. Ich hielt Ausschau nach auffälligen Verhalten bei den Gästen. Aber außer, dass viele aufgeregt ihre Fächer nutzten, konnte ich nichts erkennen.

Schönes Kind, habt ihr euch verlaufen, sprach mich ein älterer Herr an.

Nein, der Herr. Nur bin ich das erste Mal auf so einen Empfang und das wirkt alles so überwältigend auf mich, gab ich zur Antwort.

Seid ihr alleine hier?

Nein, der Herr. Ich bin in Begleitung von Hagen von Greifenfurt, Abgesandter des Noriker-Ordens. Mein Galant unterhält sich gerade mit anderen Soldaten. Aber das Kriegergespräch langweilt mich. Also schaue ich mich hier etwas um.

Wie töricht von euren Galanten. Hat er denn keine Angst, dass seine Begleitung bei anderen Leuten Gefallen finden kann?

Den Gefahren des  Schlachtfelds ist er sich wohl bewusst. Aber die Gefahren, die auf dem gesellschaftlichen Parkett lauern, kennt er nicht.

Kennt ihr denn diese?

Ich vermag mich wohl zu wehren. Sowohl auf dem Schlachtfeld als auch im Ballsaal, zwinkerte ich ihn lächelnd zu.

Sollte euch euer Galant heute Abend doch zu sehr langweilen, würde ich euch gerne in die Kaisersuite einladen. Vielleicht kann ich euch besser unterhalten.

Kaisersuite… das klingt beeindruckend. Mit wem habe ich die Ehre?

Emmeran Stoerrebrandt mein Name.

Den Namen kannte ich. Stoerrebrandt galt als der reichste Mann Aventuriens. Er war ein einflussreicher Politiker und seine Familie führte seit drei Generationen das reichste Handelshaus des Kontinents.

Welche Ehre… ich reichte ihm meine Hand zum Kuss… mein Name ist Janda Frejasdottir. Aber sagt mir doch Meister Stoerrebrandt, ihr kennt doch sicher jeden auf dieser Gesellschaft hier. Könnt ihr mir was zu den Anwesenden erzählen?

Gewiss, schönes Kind. Wenn ihr wollt, kann ich euch auch jemanden vorstellen. Seht ihr den Zwerg in der Rüstung dort? Das ist einer der Veteranen, die heute geehrt werden. Sein Name ist Thorn Eisinger, ein legendärer Zauberschmied. Die von ihm gefertigten Waffen sind berühmt. Er sitzt schon seit Jahren im Rat der Helden und hat stets ein offenes Ohr für die Bedürfnisse der Bevölkerung.

Die kräftige Frau neben ihm ist Leumara Karfeneck. Ihr wurde bei der Schlacht auf dem Mythraelsfeld das rechte Knie zerschlagen. Sie leitet die Schule der Hohen Reiterei. Sie hat es weit gebracht, was man von ihrer Familie nicht sagen kann. Diese meidet sich eigentlich. Es ist ein Wunder, dass die heute auch hier sind.

Landor Karfeneck ist ein nicht besonders erfolgreicher Händler. Er ist heute hier, mit seiner Frau, seiner Schwester und seiner Tochter, ein nerviges eingebildetes Mädchen. Bei weitem nicht so eine angenehme Gesellschaft wie ihr es seid, Janda. Man sagt, sie haben nur eine kleine Spendensumme für den heutigen Abend beigetragen, die nicht einmal die Kosten für das opulente Mahl abdecken.

Die Dame mit der Katze heißt Zoe. Sie ist Kunstsammlerin und auf fast jeden Empfang in der Stadt anzutreffen. Vielleicht gehört sie ja eines Tages auch dem Rat an. Sie scheint jedem hier zu kennen. Ihre Eltern müssen ihr ein Vermögen hinterlassen haben. Zumindest muss sie nicht arbeiten, um leben zu können. Dafür beneidet sie jeder.

Die Dame mit dem tiefen Dekolleté und dem großen Geschmeide darüber (auch darin) ist die Comtessa Cusmara della Fiorina. Sie ist die Witwe eines kaiserlichen Beamten aus dem Horasreich. Seit dessen Tod lebt sie von seinem Erbe hier in Gareth. Der auffällige Edelstein in ihrem Diadem ist der Uthurische Mondpanther. Ein schönes und unbezahlbares Glanzstück.

Ich fand es übrigens ganz interessant, fuhr Stoerrebrandt fort. Sie hat ja vorhin ganz aufgeregt mit ihrem Fächer hin und her gewedelt. Das lag nicht an der warmen Luft hier. Das war Atak, eine Fächersprache. Sagt euch das was?

Nein, davon höre ich zum ersten Mal. Versteht ihr die Sprache? Habt ihr verstanden, was sie gefächert hat?

Ihr seid neugierig, wie ihr hübsch seid, antwortete Stoerrebrandt amüsiert. Atak kann in diesen Kreisen jeder. Die Comtessa hat sich zu einem Stelldichein verabredet. Nach dem fünften Gang wird es eine Pause geben und dann besucht sie einen Herrn auf seinem Zimmer.

Ob sie im Bett das Diadem ablegt, dachte ich laut.

Soll ich es für euch herausfinden, neugieriges Täubchen?

Ich musste lachen und verneinte. Aber verratet dem Täubchen doch, mit wem sie sich trifft.

Ihr wollt also doch nicht, dass eine andere als ihr mit mir in der Kaisersuite verschwindet. Der dunkelhäutige Herr dort hinten ist der Glückliche. Er kann etwas Glück gebrauchen. In letzter Zeit habe ich ihm öfters einen Handel weggeschnappt und auch im Rat gegen sein Ansinnen gestimmt. Sein Name ist Kalman Kalinor und Botschafter von Al’Anfa. Man muss ihn mit Vorsicht genießen. Man weiß nie genau, was er im Schilde führt.

Den stattlichen Herrn dort kenne ich nicht. Ich vermute, es ist euer Galant. Aber seine Gesprächspartner kenne ich. Gilrand Donnersang vom Berg und Heladis Kagorad von Drileun. Beide Geweihte der Rondra. Sie werden heute Abend die Ehrung der Veteranen durchführen.

Das alte Mütterchen ist Mutter Wallgrid vom Traviatempel. Sie ist mit Vater Ganstreu zusammen für das Verteilen der Spenden an die Veteranen zuständig. Man merkt beiden an, dass sie sich hier nicht wohlfühlen. Wahrscheinlich plagt sie das schlechte Gewissen, während sie das Luxusmahl verdrücken.

Ein schlechtes Gewissen hat dieser Geselle bestimmt nicht. Das ist Tirion Bugenhog. Nach außen hin ein sehr charmanter und netter Kerl. Aber ein gnadenloser Geschäftsmann.

Man munkelt ja, dass er das Seelanders kaufen will, unterbrach ich meinen Gesprächspartner. Meint ihr, er würdet heute für Unruhe sorgen, um Praiosmin zum Verkauf zu zwingen?

Ihr seid kein gewöhnlicher Gast, oder? Warum seid ihr hier?

Ihr seid nicht umsonst so ein erfolgreicher Händler, Meister Stoerrebrandt. Euer Scharfsinn ist untrüglich. Praiosmin befürchtet, dass es während der Veranstaltung heute zu einer Katastrophe kommt. Wir sollen herausfinden, was geplant ist und es auch verhindern.

Ein Gong ertönte und kündigte an, dass im Speisesaal gleich der zweite Gang aufgetischt wird. Langsam bewegten sich die Gäste vom Salon und den Eingangsbereich in den Speisesaal.

Das klingt spannend. Ich werde auf jeden Fall Augen und Ohren offen halten. Wenn mir etwas Auffälliges vorkommt, werde ich euch berichten. Was Tirion betrifft, so ist das nicht seine Art. Er kann zwar ein Lästermaul sein und nutzt auch seinen Vorteil aus, wenn er diesen sieht. Aber selber herbeiführen würde er das nicht. Nun, liebes Täubchen, muss ich mich aber verabschieden. Wenn dein Galan dich während des Banketts langweilt, darfst du gerne meiner Schwester und mir an unserem Tisch Gesellschaft leisten.

Danke, Meister Stoerrebrandt. Vielleicht komme ich auf das Angebot zurück.

***

Zweiter Gang: Phex. Speise: Phexens zwinkernder Gruß aus der Küche, gereicht mit Nebelwasser (Zutaten geheim). Symbole auf dem Zettel: ein Schlüssel.

Schätzt euch glücklich, Hagen, dass ich noch mit euch vorlieb nehme. Ich hatte eben ein Gespräch mit dem reichsten Mann der Welt. Er wollte mich in seine Kaisersuite entführen. Aber er erzählte mir auch hier im Salon einiges über die Teilnehmer am Bankett. Was habt ihr so getrieben, nur alten Heldengeschichten ausgetauscht?

Ihr kennt Emmeran Stoerrebrandt? Nun, mit solch einem Hochkaräter kann ich nicht punkten. Ich habe mich mit den Veteranen hier unterhalten. Aber nicht nur über ihren Heldentaten, sondern sie auch zu den Leuten hier befragt. Zwei illustre Gäste sind der Sohn des Unterweltkönigs der Stadt, Alonso Ragather, und der Zuhälter Drogosh. Beide haben sich mit dem Botschafter von Al’Anfa unterhalten.

Oh… Emmeran hat beobachtet, wie sich die Comtessa mit dem Botschafter über eine Geheimsprache zu einem Stelldichein verabredet hat. Vielleicht will er ihr den Diamanten stehlen?

Vielleicht das. Oder er plant ein Attentat. Eventuell auf euren neuen Freund. Der Botschafter muss einiges an Ärger mit ihm gehabt haben.

Oh! Emmeran berichtete mir davon. Ich hoffe nicht, dass er Ziel eines Anschlags wird. Ich nahm einen Zettel und notierte: Meister Stoerrebrandt, nehmt euch in Acht! Eventuell hat es jemand auf euer Leben abgesehen. Euer Täubchen. Ich faltete den Zettel und gab ihn an einen Diener weiter, der zu dem Händler überbracht werden sollte.

In der Zwischenzeit bemerkten wir, dass Pariosmin für kurze Zeit mit einem der Diener verschwand. Meine Nachricht kam bei Emmeran an. Stoerrebrandt hob sein Glas Wein und prostete mir zu. Ich erwiderte den Gruß mit meinem Bierkrug.

Um Tirion müssen wir uns wohl keine Sorgen machen, meinte ich. Emmeran sagte zwar, dass er jeden Vorteil auszunutzen weiß, aber fair genug ist, um so etwas nicht selber herbeiführen will. Also sind bisher nur die Unterweltkönige für uns verdächtig.

***

3. Gang: Peraine. Speise: Basilikum-Schaumsüppchen mit dem Besten aus Peraines Garten, dazu Ongalo-Hochland-Tee (erste Ernte, Blattspitzen-Auswahl). Symbole auf dem Zettel: ein Schlüssel.

Alonso Ragather und Drogosh, beides Mitglieder der Unterwelt und auch beide Zopfträger, saßen an einem Tisch. An ihrer Seite waren Damen, die nicht damit geizten, ihre körperlichen Reize zu präsentieren. Trotzdem wirkten sie sehr kultiviert und wussten sich in höheren Kreisen zu bewegen. Sie gehörten wohl zu der oberen Klasse, die Drogosh in seinem Sortiment hatte. Es würde wohl nicht viel Sinn ergeben, sie weiter zu beobachten. Was auch immer sie geplant hatten, sie würden es nicht selber ausführen.  Jemanden von außen ins Hotel zu bringen wäre unwahrscheinlich. Also muss der Übeltäter wohl unter dem Personal zu finden sein.

Hagen würde Praisomin bitten ihn im Tresorraum einsperren zu lassen, um über die Einnahmen zu wachen. Ich würde weiterhin das Personal und die Umgebung überwachen und in der Pause versuchen auf den Uthurischen Mondpanther aufzupassen. Während Hagen über die Spenden wacht, könnte ich vielleicht auch die unterhaltsame Gesellschaft von Meister Stoerrebrandt suchen, um mir mehr über die Anwesenden hier erzählen zu zahlen.

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4. Gang: Ingerimm. Speise: Vorspeiseplatte Feuer und Rauch: Geräucherter Bärenschinken, Edelhartwurst, würziger Schafskäse aus der Heimat der Zyklopen, feurige Sikrami und bestes Garether Gerster-Brot aus Meisterhand, dazu Helles Ferdoker Gerstenbräu. Symbole auf dem Zettel: ein Rechteck und ein vierbeiniges Tier.

Überraschender Weise kehrte Hagen wieder zurück. Er hatte Praiosmin von unseren Vermutungen berichtet und auch darum gebeten in den Tresorraum gesperrt zu werden. Los, die Anführerin der Wache, hatte aber Einspruch eingelegt. Stattdessen schickte sie jemanden von ihren Leuten in den Tresorraum. Wir sollten weiter die Gäste und das Personal im Auge behalten.

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5. Gang: Rahja. Koschammerzungen in Bosparanjersoße auf Rotwurzscheibchen, dazu roter Arivorer Bosparanjer mit Rosenblütendekor. Symbole auf dem Zettel: 123456.

Bis zur Pause geschah nichts Auffälliges mehr. In der Pause sollte eine Gauklertruppe auftreten. Kurz vor deren Auftritt verließ Karinor den Speisesaal. Ihm folgte die Comtessa. Hagen verfolgte sie unauffällig, um über ihr Schäferstündchen und den Diamanten zu wachen. Ich leistete Stoerrebrandt Gesellschaft, der gemeinsam mit seiner Schwester den Darbietungen der Gaukler folgte. Dabei unterhielten wir uns über meine Beobachtungen. Ich war schon etwas frustriert, dass wir nicht wirklich weiterkamen. Peranka, seine Schwester, war felsenfest davon überzeugt, dass es um den Raub der Spendengelder ging. Die Sippe der Karfenecks habe sich doch schon recht auffällig benommen und aufmerksam beobachtet, wie die Gäste ihre Spenden einzahlten. Doch wenn man sie beobachtete, waren sie doch schon zu alkoholisiert, um einen Raub durchzuführen.

Die Dame, die mir Emmeran als Zoe vorgestellt hatte, nutzte aufgeregt ihren Fächer. Ich fragte Stoerrebrandt, ob dies auch eine Nachricht auf Atak sei. Aber er verneinte. Das Herumgefächere ergebe keinen Sinn. Kurz vor Ende der Pause erschien die strahlende Comtessa wieder. An ihrem Hals blinkte immer noch ihr protziges Diadem. Als der Gong ertönte, um das Ende der Pause anzukündigen, verabschiedete ich mich von den Stoerrebrandts, kehrte zu meinem Platz zurück und wartete auf die Rückkehr von Hagen.

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6. Gang: Praios. Speisen: Sonnenteller Praios: von der Flamme geküsstes Rindfleisch, gebraten in feinstem Praiosblumenöl, mit einer Sauce aus Jilaskaner Pfeffer, als Beilage glasiertes Elenviner Sonnengemüse, begleitet von Elfenreben-Rotwein von den Sonnenhängen der Goldfelsen. Symbol auf dem Zettel: ein Rechteck.

Mit etwas Verspätung traf der Botschafter von Al’Anfa wieder ein. Hagen ließ noch auf sich warten. Aus der Küche kam nun der Meisterkoch Jandhold von Mersingen in den Salon und ließ sich von den Gästen gebührend feiern. Er sprach ausführlich über die Genialität seines Zwölfgöttermenüs und suhlte sich in der Aufmerksamkeit der Patrizier, während der 6. Gang serviert wurde.

Auch Hagen tauchte wieder auf. Er hatte sich während des Schäferstündchens ins Zimmer der Liebenden geschlichen und von einem Versteck aus ein wachsames Auge auf dem Diamanten gehabt. Dieser sei weder gestohlen noch vertauscht worden. Wäre auch schwierig gewesen, da das Diadem das einzige war, was die Comtessa am Leibe trug.

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7. Gang: Rondra. Speisen: Deftige Speckpflaumen in Safttunke auf Blutwurstragout und Schwarzbrot, dazu süßer Rotwein Arivorer Blut aus dem Hause ya Stellona. Symbole auf dem Zettel: ein Rechteck.

Ein aufgelöster Jandhold kam aus der Küche und sprach auf Praiosmin ein. Diese war sehr bemüht ihren Chefkoch zu beschwichtigen, doch erfolglos. Etwas genervt kam sie an unseren Tisch.

In der Küche ist etwas Furchtbares geschehen. Jemand hat Jandholds Kochbuch gestohlen. Geht doch bitte in die Küche und helft beim Suchen. Ich werde wohl auch einige der Wachen dafür abstellen müssen.

Wir versprachen ihr zu helfen, doch hielt ich Hagen zurück: Schaut auf den Zettel! 6. Und 7. Gang ist ein Rechteck aufgemalt. Könnte ein Buch sein. Im 9. Gang ist das Rechteck wieder, diesmal durchgestrichen. Das könnte bedeuten, dass das Buch wieder auftaucht. Vielleicht ist das ein Ablenkungsmänover. Ich gehe in die Küche und suche nach dem Kochbuch. Ihr sucht auf den Gängen im Hotel danach. Haltet den Tresorraum im Auge.

***

Meine Vorahnung bestätigte sich. Hagen fand tatsächlich zwei Diener, die in den Tresorraum verschwanden. Unter Aufsicht der Wachfrau Los machten sich diese am Tresorschloss zu schaffen. Als Hagen versuchte sie zu stellen, wurde er von Los angegriffen. Die Anführerin der Hotelwachen war Teil der Diebesbande.

Beide lieferten sich ein erbitterndes Gefecht. Losiane wurde ihren Ruf als meisterliche Ex-Panther-Gardistin gerecht. Mit ihren wuchtvollen Schlägen setzte sie Hagen ziemlich zu. Dennoch behielt der Noriker die Oberhand. Mit der toten Wachfrau vor seinen Füßen hatte er keine Probleme, ihre Komplizen zur Aufgabe zu überreden. Nachdem er ihnen die nachgemachten Tresorschlüssel abgenommen, sperrte er sie in den Tresorraum ein.

Als er Praoismin Bericht erstattete, war sie schockiert. Sie hätte nie damit gerechnet, dass sie von Loisane hintergangen wird. Dennoch war sie froh darüber, dass wir den üblen Machenschaften auf die Schliche gekommen sind und der Abend nun in Ruhe beendet werden kann.

Von den Dienern trug keiner das Kochbuch bei sich. Sie mussten mindestens noch einen Komplizen gehabt haben, den sie aber bei der Befragung nicht verrieten. Immerhin ließ dieser Komplize das Kochbuch wieder auftauchen.

***

Den Lohn, den uns Praoismin auszahlen wollte, spendeten wir den Veteranen. In den letzten Monaten hatten wir genug Geld verdient. Außerdem hatten wir in ihr eine Fürsprecherin bekommen, sollten wir einen Gefallen benötigen. Einen weiteren Fürsprecher in der Kaiserstadt hatten wir in Emmeran Stoerrtebrand gefunden. Auch wenn ich nicht mit ihm die Kaisersuite besuchte, war er von unserem Abenteuer begeistert und versprach uns jegliche Unterstützung, falls wir welche benötigen. Besser konnte es nicht für uns laufen.


Golgolgol

Golgolgol heißt im wirklichen Leben Stefan Will. Er wurde zum DSA-Spieler, weil sein Bruder D&D besser fand, und ihn deswegen seine DSA-Basisbox schenkte. Bis Mitte der 1990er Jahren war Stefan in der Rollenspielszene sehr aktiv und probierte verschiedene Systeme aus. Nach einer langen Pause fand er 2020 das Interesse am Pen und Paper wieder und kehrte zu seinem "Heimatsystem" DSA zurück. Über die Änderungen im Lauf der Jahre war er sehr erstaunt. Trotzdem nahm er das Hobby begeistert wieder auf und gründete mit einem Mitspieler die Republik Norisburg, die zur Heimat ihrer Spielfiguren wurde. Hier im Blog berichtet Stefan von seinen Spielrunden und teilt seine Gedanken zu P&P-Themen mit.

4 comments on Seelanders Eleven

  1. Vielen Dank,
    Ich bereite das Abenteuer so langsam für meine Gruppe vor und ich freu mich das es gut angekommen ist bei Euch. Was war besonders gut oder gab es stellen die nicht 100% rein liefen. Vielen Dank fürs teilen.

    1. Danke für deinen Kommentar. Am meisten Kopfzerbrechen bei der Vorbereitung machten mir die vielen NSCs. Die sind alle toll ausgearbeitet, aber gerade bei meiner kleinen Spielergruppe (2 Spieler) befürchtete ich, dass es schwer werden könnte, in der begrenzten Zeit diese mit den Spielern interagieren zu lassen. So kam es mir sehr gelegen, dass sie sich als Gäste ausgaben und getrennt auf die anderen Besucher der Feier zugingen. Janda, die Bardin, ging auch sehr charmant auf die Schmeicheleien von Emmeran ein, sodass sich der Kaufmann bereiterklärte, ihr mehr über die anderen Gäste zu erzählen. Das war sehr günstig, um die Spieler leicht mit vielen Informationen versorgen. Danach mussten sie eigentlich nur abwarten und aufmerksam das Geschehen verfolgen.
      Leider ist der Zettel mit den Symbolen nicht im Heldenwerk-Archiv abgedruckt. Ich hatte den zur Belustigung der Spieler selber gemalt und dann als Handout herausgegeben. Es ist immer schön, wenn die Spieler etwas zum Rätseln in die Hand bekommen. Letztendlich hat er dann auch zur Lösung der Vorgänge geführt, auch wenn bei uns nicht die ganze Diebesbande geschnappt werden konnte.
      Mal schauen, vielleicht setze ich mich am Wochenende mal hin und schreibe einen Blogbeitrag über meine Gedanken zum Vorbereiten des Abenteuers. Der würde dann am Mittwoch veröffentlicht werden. Ich wünsche deiner Gruppe und dir viel Spaß mit dem Abenteuer! Wenn du es geleitet hast, würde ich mich freuen, zu hören, wie es bei euch lief.

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