(ein Abenteuer von Florian Don-Schauen)
Am nächsten Vormittag bestellte Golgolgol seine rechte und linke Hand zu sich. Er bedankte sich für den gelungenen Abend, doch nun sollte man sich wieder um das Geschäft kümmern. Deswegen wechselte der Zwergenhändler schnell das Thema. Ein Bekannter hat ihn darum gebeten, dass Gerodil und Ansgar einen Auftrag erledigen. Die Identität des Auftraggebers wollte er nicht preisgeben. Sie sollten mit einem Schiff ein paar Dörfer abfahren und am Ende der Reise würde der Kapitän ihnen verraten, was zu tun ist. Ansgar war sofort begeistert davon, einige Tage auf einem Schiff zu verbringen. Gerodil hingegen war es sehr unwohl dabei. Es war schwierig, ihm davon zu überzeugen, dass er an der Schiffsfahrt teilnahm. Überhaupt gefiel beiden nicht, dass sie nicht wussten, worum es ging. Immerhin da ließ sich Golgolgol noch erweichen und ließ durchblicken, dass irgendwo Leute verschwinden und der Auftrag von Ansgar und Gerodil war, herauszufinden, was der Grund dafür war.
Ansgar und Gerodil wollten nicht allein diese Mission erledigen. Deswegen beauftragte Gerodil einen Marktschreier dazu, abenteuerlustige Gesellen aufzufordern, sich am Abend im Grünen Markt zu melden. Man wollte eine kleine Gruppe für die Reise zusammenstellen. Danach steuerten beide den Grünen Markt an.
Dort versuchten sie Sepulkaria für den Auftrag zu ködern. Eine Schiffsfahrt klang schon sehr verlockend. Doch wollte sie den Grünen Markt derzeit nicht allein lassen, da sich die Gaststätte gerade in der Umstrukturierungsphase befand. Da man ihr aber anbot, dass sich Elischa und Nadjia um das Gewerbe während ihrer Abwesenheit kümmerten, gefiel ihr die Idee schon mal nicht ganz so schlecht. Sie bestand aber darauf, den wahren Grund der Reise zu erfahren. Als sie diesen erfuhr, war sie schon nicht mehr so begeistert. Die Begeisterung konnte erst wieder entfacht werden, als man ihr vorschlug, sich während der Fahrt als Schaustellergruppe zu verkleiden und Werbung für den Grünen Markt zu machen. Gleichzeitig könnte man in der Verkleidung unauffällig Nachforschungen anstellen. Nun war Sepulkaria bereit, mit auf das Schiff zu kommen. Gerodil gefiel der Vorschlag weniger. Eine Schiffsfahrt und dann auch noch fahrendes Volk imitieren… das war gar nicht nach dem Geschmack des Zwerges. Aber seine Loyalität gegenüber Golgolgol siegte bei diesem Zwiespalt. Drei Leute der Reisegesellschaft standen fest. Jetzt musste man abwarten, wer sich am Abend noch auf dem Aufruf melden würde.
Da Gerodil keine Lust hatte irgendwelche mehr oder weniger komische Darbietungen abzuliefern, beschloss er ein Jahrmarktgerät zu bauen. Hau den Ansgar sollte es heißen und ein Gerät für eine Kraftprobe sein. Man schlägt mit einem Hammer auf einen Kontakt und je nach Kraft schießt ein Eisenstück in die Höhe. Sollte man es schaffen, das Ende des Geräts zu erreichen, würde eine Glocke klingeln. Am Rand sollten Bewertungen aufgemalt sein, die die Leistung des Schlagenden bewerten: vom schmalen Goblin bis hin zum Muskel bepackten Zwergen.
Den Tag verbrachten beide damit, nötige Materialien für ihre Reise anzuschaffen. Gerodil kaufte sich die Materialien für den Hau den Ansgar, während Ansgar zu Golgolgol ging und die Ausrüstung für ihre Expedition zusammenstellte. Danach beobachtete er auf dem Markt Gaukler und ihre Kunststücke und versuchte sich diese abzuschauen.
Als er abends im Grünen Markt auftauchte, holte Ansgar drei Bälle hervor und begann zu jonglieren. Er warf nicht nur die Bälle in die Luft, sondern fügte noch einige Kunststücke dabei auf, indem er Pirouetten drehte, Bälle zwischen seine Beine durch warf und diese hinter seinem Rücken wieder fing. Miranda fühlte sich dadurch herausgefordert und warf ihm einen Apfel entgegen. Das war kein Problem für Ansgar. Er fing diesen auf und ließ den Apfel mit den Bällen durch die Luft wirbeln. Der Thorwaler war für den Auftritt als Gaukler bestens vorbereitet. Die Kundschaft des Grünen Marktes quittierte dies mit tosendem Applaus.
Vier Kandidaten für die Abenteurergruppe meldeten sich auf den Aufruf des Herolds. Der erste Bewerber war ein Ewald, Egon, Egbert, wie auch immer… am meisten beeindruckte er durch seinen starken Geruch. Ansgar und Gerodil bemühten sich, den Bewerber schnell wieder zu verscheuchen. Der zweite Bewerber war ein kleiner Goblin namens Ursulo Blubupsch. Dieser hatte eine klare Vorstellung vom Abenteuererleben, wirkte aber doch sehr unerfahren. Der dritte Bewerber war der beste bisher. Ein Ritter in strahlender Rüstung und noch stärker strahlenden Lächeln, der schon viele Abenteuer erlebte. Doch bescheiden, wie er war, ließ er die Barden von seinen Taten unter verschiedenen falschen Namen berichten. Ansgar war sehr begeistert von ihm, aber Gerodil war dafür noch weitere Bewerber abzuwarten.
Danach betrat eine Gestalt in einer braunen Robe den Grünen Markt. Miranda wollte ihn erst vor die Tür setzen, da sie einen Bettler vermutete. Doch er verneinte. Daraufhin zeigte sie zum Tisch von Ansgar und Gerodil. Die Gestalt näherte sich ihnen und schob die Kapuze zurück. Zum Vorschein kam ein sonnengebräuntes Gesicht, zwei dunkle Augen und ein schwarzer Lockenkopf. Die Person stellte sich als Dimitros Megatros vor. Für seine guten Freunde Dimi, Zaubereigeselle von den Zyklopeninseln. Mit einigen Taschenspielertricks konnte er Ansgar, Gerodil und später auch Miranda und Sepulkaria für sich begeistern. Das vierte Mitglied der Abenteurergruppe war gefunden. Man saß noch eine Weile zusammen und feierte den neuen Bund.
Am nächsten Tag besuchten Ansgar und Gerodil Golgolgol, der sie noch einmal auf ihre Mission einschwor, sie beauftragte, ihm keine Schande zu machen und sie bat, sobald sie ihren Auftrag erledigt hatten, nach Norisburg zurückzukehren. Danach arbeitete Gerodil an seinem Hau den Ansgar, wobei ihm Ansgar und Dimi halfen. Sepulkaria nähte in der Zwischenzeit die Kostüme für ihre Gauklergruppe, die unter den Namen „Sepulkaria und die Salamander“ auftreten sollten. Abends ging es dann zum Schiff. Die Reise sollte bald starten.
Im Hafen fand man das Frachtschiff „Miros Treu“. Vor dem Schiff stand ein Thorwaler. Wie es sich herausstellte, war dies der Kapitän. Dongrimm Aslivson mit Namen. Er begrüßte die Passagiere und machte diese mit den Regeln vertraut. Außer hin und wieder nachts mal Wache stehen, hatten sie keine Pflichten. Aber sie sollten den Ablauf auf dem Schiff nicht stören. Gerade was Sepulkaria betraf, hatte der Kapitän da Bedenken. Vorgestellt wurde ihnen auch der Steuermann des Schiffs: Bardor, ein sehr kräftiger, aber wortkarger Thorwaler und Bruder von Dongrimm.
Insgesamt war die Besatzung der „Miros Treu“ sehr gemischt zusammengestellt. Die Mannschaft bestand aus Angehörigen verschiedener Kulturen, Größen und Geschlechter. Auch vom Alter war die Besatzung bunt gemischt. Dimi freundete sich mit einem 12jährigen Jungen namens Minko an, den er mit einem Zauberkunststück beeindruckte. Um Minko kümmerte sich eine junge Frau mit einem Holzbein. Das Holzbein brachte Gerodil auf die Idee, eine verbesserte Variante mit Gelenk zu entwerfen.
Am nächsten Morgen würde das Schiff auslaufen. Deswegen konnten sich die Besatzungsmitglieder am Abend noch in Norisburg vergnügen. Gerodil lud Dongrimm und Bardor in den Grünen Markt ein. Beide waren nicht sehr gesprächig, gingen auch früh auf ihre Zimmer. Insgesamt war die gesamte Schiffsbesatzung sehr diszipliniert und ging frühzeitig schlafen, sei es auf dem Schiff oder in einer Unterkunft in Norisburg.
Ansgar, Gerodil, Dimitros und Sepulkaria kehrten auch zeitig zu dem Schiff zurück. Da Gerodil das Schiff immer noch nicht geheuer war, beschloss er nachts vor dem Schiff Wache zu halten. Sepulkaria und Dimitros legten sich im Unterdeck schlafen. Ansgar sah sich noch etwas auf dem Schiff um und versuchte mit der Besatzung ins Gespräch zu kommen. Etwas länger unterhielt er sich mit Kaya, einer fünfzigjährigen Frau, die als Ruderin auf dem Schiff arbeitet und darin ihren Lebenssinn entdeckt hatte. Ihre zwanzigjährige Tochter Melinka rudert auch auf dem Schiff. Sie war froh, ihre Tochter davon begeistern zu können und nun mehr Zeit mit ihr haben zu können.
Am nächsten Morgen waren alle bereit aufzubrechen. Außer Gerodil. Der Zwerg konnte sich nicht dazu überwinden, das Schiff zu betreten. Da gab ihm Dimitros ein Elixier aus seiner Heimat, den Zyklopeninseln, namens Ouzo 50. Ouzo würde Gerodils Angst vor der Seefahrt bekämpfen. Der Zwerg nahm einen kräftigen Schluck und verlor sämtliche Vorbehalte, die er vorher gegenüber der Schiffsreise hatte. Er wirkte wie ausgetauscht und war sogar bereit, auf dem Schiff Arbeiten zu verrichten, obwohl dies nicht notwendig war. Ach wie gut, dass niemand weiß, dass Ouzo 50 in Wirklichkeit Wasser heißt…
Die „Miros Treu“ legte ab. Ansgar genoss es, am Bord eines Schiffes zu sein. Er saß vorne am Bug, rauchte seine Pfeife und genoss den Ausblick. Links und rechts zogen mit Bäumen bewachsene Hügel vorbei. Auf einem Felsen stand ein Mann in einer grauen Kutte vor einer großen Eiche. Er schien das Schiff zu beobachten. Ansgar winkte dem Mann zu. Keine Reaktion. Aber der Mann schien etwas zu jemanden zu sagen. Jemanden, den man nicht sehen konnte. Auch Sepulkaria beobachtete dies. Während Ansgar den Fremden für einen harmlosen Wanderer hielt, hatte die Halbelfe Bedenken, dass es sich bei ihm um einen bösen Druiden handelte, der das Schiff verfluchen wollte. Gemeinsam gingen sie zum Käpt’n. Etwas widerwillig erlaubte er ihnen, mit einem Beiboot ans Ufer zu fahren und dort genauer nachzusehen. Die „Miros Treu“ würde so lange auf sie warten.
Um zu der Stelle zu gelangen, wo der angebliche Druide gesichtet wurde, mussten die Gruppe auf einen Felsen klettern. Gerodil und Sepulkaria gelang das. Ansgar und Dimitros scheiterten daran und landeten in einer Pfütze. Die beiden anderen suchten die nähere Umgebung ab. Aber außer einer großen Eiche war auf dem Felsen nichts zu finden. Gerodil half Dimitros hoch, damit dieser die Eiche und den Hügel nach Magie absuchen konnte. Magie fand er keine, aber am Fuß der Eiche lag eine Halskette. An der Kette war eine Fassung für einen Stein. Doch der Stein fehlte. Dimitros hängte die Kette Sepulkaria um den Hals. Sie versteckte die Kette. Da es nichts Interessantes zu sehen gab, kehrten sie zum Schiff zurück.
Die „Miros Treu“ setzte ihre Reise fort. Ansgar genoss wieder die Sonne, Pfeife rauchend am Bug sitzen. Doch diesmal fiel ihm die Pfeife vor Verwunderung aus dem Mund. Im Wasser trieb ein Ast, der ihm zuwinkte. Beim genaueren Hinschauen stellte Ansgar fest, dass es ein Kind war, das sich an einem Ast klammerte und um Hilfe winkte. Sofort sprang der Thorwaler in die Fluten, um das Kind zu retten. Sepulkaria warf ein Seil ins Wasser, nach dem Ansgar griff, als er das Kind erreichte. Gemeinsam mit dem Kind wurde er an Bord gezogen.
Sepulkaria kümmerte sich fürsorglich um das gerettete Mädchen. Sie verwirkte sehr verstört und hatte einen geschundenen Körper. Die vielen Männer am Deck schienen sie zu beunruhigen. Sepulkaria ging mit ihr unter Deck, damit das Kind etwas Ruhe finden konnte. Langsam begann sie zu erzählen: Ihr Name war Brinwyn. Böse Menschen und Orks haben sie und andere Kinder aus ihren Dörfern entführt. Die Kinder wurden in einem Kerker gefangen gehalten. Immer wieder wurde eines von ihnen von einem bösen Mann in einer Robe geholt. Wenn sie wieder kamen, hatten sie weiße Haare und lebten nicht mehr lange. Auch Brinwyns Bruder Comwyn wurde von dem bösen Mann geholt. Er musste einen Trank trinken und kam mit weißen Haaren zurück. Als dann wieder die Zellentür geöffnet wurde, rannte Brinwyn los. Sie entkam aus dem Kerker. Sie entkam aus dem Turm. Einige Wachen und Orks folgten ihr. Brinwyn stürzte sich ins Dickicht, um ihren Häschern zu entkommen. Das Gestrüpp, die Äste, zerrissen ihre Kleidung, ritzten ihre Haut auf. Doch sie wurde ihre Verfolger nicht los. Sie kam an einem Felsvorsprung. Unter ihr floss ein Fluss. Briwyn hörte, dass ihre Verfolger immer näherkamen. Das kleine Mädchen nahm seinen ganzen Mut zusammen und sprang. Sie landete im Fluss und ließ sich vom Wasser treiben, bis ein mutiger Thorwaler sich in die Fluten stürzte und sie dort herausholte.
Sepulkaria stattete dem Kapitän und ihren Begleitern Bericht von den Erlebnissen Brinwyns ab. Gerodil, Ansgar und Dimitros waren der Meinung, dass man da etwas unternehmen müsste. Dongrimm war aber nicht bereit, die Fahrt ein weiteres Mal zu unterbrechen. Allerdings ließ er die Gruppe und das Mädchen an der Stelle aussteigen, an der Briwyn ins Wasser gesprungen ist. Bevor sie das Schiff verließen, zerstörte Gerodil noch den „Hau den Ansgar“. Am Ufer fanden sie Spuren von Brinwyns Verfolgern. Diese führten sie an eine Weggabelung. Spuren gingen in beide Richtungen. Die eine Spur führte zurück zum Ufer, die andere ging in die andere Richtung.
Natürlich folgte die Gruppe den Spuren, die nicht zum Ufer zurückführten. Die Fährte war gut zu erkennen. An einer großen Weggablung, an der sehr viele Spuren, auch von Fuhrwägen zu erkennen waren, hatte Dimitros starke Kopfschmerzen. Plötzlich hörte er Stimmen in seinem Kopf. Er hörte ein Gespräch zwischen zwei Leuten. Ein vermeintlicher Diener wurde gescholten, dass er ein Kind entkommen lassen hat. Der Diener gelobte seinen Fehler wieder gutzumachen, indem er demnächst mit seiner Meute ausrücken würde, um seinem Herrn neue Kinder zu bringen. Da verschwanden die Stimmen wieder aus Dimitros Kopf. Nachdem Dimitros der Gruppe sein Erlebnis mitteilte und sich von dem unangenehmen Gefühl in seinem Kopf erholte, folgten sie weiterhin den Spuren.
Bald konnten sie in der Ferne eine kleine Burg entdecken. Um diese besser überblicken zu können, wollte Gerodil auf einen Baum klettern. Dimitros fand die Idee nicht so gut, denn der Zwerg war nicht leicht und trug auch eine schwere Rüstung. Er schlug vor, dass stattdessen doch besser die anmutige Sepulkaria auf dem Baum klettern sollte. Das tat sie auch. Doch trotz ihrer Lieblichkeit brachen unter ihr die Äste. Sie stürzte ab, aber Ansgar, der sie auffangen wollte, bremste ihren Sturz. Man plante nun, als Spielmannszug in die Burg einzuziehen. Brinwyn weigerte sich aber, die Burg wieder zu betreten. Sie wollte sich im Wald verstecken. Gerodil wollte das Mädchen nicht allein im Wald zurücklassen. Trotz Protest der restlichen Truppe beschloss er bei Brinwyn zu bleiben. Man fragte Brinwyn noch über die Burg aus, bevor man sich auf den Weg machen. Sie erzählte davon, dass nur noch wenige Menschen dort lebten. Die Burg würde einem Grafen gehören. Es gäbe ein Haus, in dem die Orks wohnten und eine verlassene Hütte. Bevor man Gerodil und Brinwyn allein ließ, machte man Zeichen aus, die die Gruppe von sich geben würde, um Gerodil zu verständigen, ob Gefahr drohe oder Hilfe benötigt werde.
Sepulkaria und ihre Salamander zogen in die Burg ein. Die Halbelfe ging voran, auf ihrem Instrument spielend und singend. Ihr folgte der Zauberer. Er ließ kleine Flammen aus seinen Fingerspitzen züngeln und blies mal dagegen, um Feuer zu spucken. Den Abschluss bildete Ansgar. Der Thorwaler griff beherzt nach seinen Bällen und jonglierte mit ihnen. An einem Brunnen, vor dem Hauptgebäude der Burg, blieb die Truppe stehen. Aufmerksam sah man sich um, konnte aber keine Wachen erkennen. Für das erwartete Aufsehen sorgte der Spielmannszug aber auch nicht. Schließlich kam doch eine alte Frau aus ihrem Haus und beäugte verständnislos die Gruppe. Dimitros stellte die Gruppe vor. Doch konnte er die Frau nicht für ihre Darbietung begeistern. Die Gruppe versuchte die Frau auszufragen, doch war sie nicht sehr gesprächig. Sie erzählte, dass in der Burg ein Graf lebt, der sich aber sehr zurückgezogen hat und kaum um sein Dorf kümmert. Vor einiger Zeit hatten sich einige Schwarzpelze zu ihm gesellt, die in einem Haus neben dem Hauptgebäude der Burg wohnen. Sie erzählte auch von einem leerstehenden Haus, in dem sich die Gruppe für kurze Zeit einquartieren dürfte. Sie selbst würde sich auf das Herstellen von Salben verstehen. Alles andere würde sie nicht interessieren. Unter dem Vorwand eine Beschwerde am Körper zu haben, lockte Ansgar sie in ihre Hütte, um sie weiter auszufragen.
Sepulkaria und Dimitros gingen in der Zwischenzeit zum Schmied, in der Hoffnung, dass er vielleicht gesprächiger wäre. Aber dieser interessierte sich nur für seine Arbeit und war genauso wortkarg wie die Salbenfrau. Zwei seiner Gesellen versuchte Dimitros mit einem Zaubertrick zu begeistern. Das gelang auch, aber mehr Informationen hatten sie trotzdem nicht.
Tief im Wald brachen die Erinnerungen aus Brinwyn heraus. Das Mädchen erzählte Gerodil davon, wie es ihr in der Burg erging und dass sie niemals wieder dort zurückmöchte. In der Burg wäre ein Graf, der alt ist, aber nicht aussieht wie ein alter Mann, drei Orks und ein böser Mann in einer Robe. Die Kinder wurden alle in einem Kerker gefangen gehalten. Immer wieder kam der böse Mann und holte Brinwyns Freunde aus dem Kerker. Die Freunde kamen nie wieder. Gerodil glaubte, wichtige Informationen erfahren zu haben, die er seiner Gruppe mitteilen sollte. Doch Brinwyn wollte nicht allein sein. Aber Gerodil versprach dem Mädchen, dass er schnell wieder kommen würde und ließ ihr seine Pfeife als Pfand zurück.
Ansgar ließ in der Hütte der Salbenfrau vor ihrer Nase seine Hose runter. Sie begutachtete sein Gesäß, konnte da aber keine Absonderlichkeiten entdecken. Beruhigt zog der Thorwaler seine Hose wieder hoch. Er versuchte noch im Gespräch die eine oder andere Information von ihr über das Dorf oder über den Grafen herauszubekommen, doch mehr als vorher war aus ihr nicht zu erfahren. Er stellte sich etwas dümmlich, um keinen Verdacht zu erwecken.
Gerodil kam im Dorf an und bot seine Dienste als reisender Schmied feil. Da es im Dorf aber schon einen Schmied gab, wurden diese nicht benötigt. Auch der Schmied zeigte kein Interesse daran, Gerodils Unterstützung anzunehmen. Seinem Handwerkskollegen zeigte er sich genauso unwirsch und wortkarg wie der Gauklergruppe gegenüber. Auf die Frage nach einer Unterkunft verwies er die Reisenden auf das leere Haus.
Dorthin verzog sich die Gruppe und durchsuchte erst das Haus. Es stand wohl schon lange her und es gab auch nichts Besonderes zu finden dort. Endlich konnte man sich austauschen. Gerodil erzählte, was ihm Brinwyn mitteilte und der Rest der Gruppe erzählte ihm das Wenige, was sie von den Dorfbewohnern erfuhren. Der Plan war in die Burg einzudringen und die Kinder zu befreien. Als einzig große Bedrohung betrachtete man die drei Orks, die in einem Haus lebten. Andere Wachen konnte man in der Burg nicht entdecken. Also musste man die Orks ausschalten. Am besten Gift. Woher nehmen? Gab es da nicht eine Salbenfrau im Dorf…
Sepulkaria suchte die alte Frau auf. Sie fragte, ob sie nicht über ein sehr starkes Schlafmittel verfügte, denn der Thorwaler aus ihrer Gruppe wäre oft sehr aufdringlich und sie möchte ihn gerne mal vom Leibe halten. Die Salbenfrau hatte Mitleid mit Sepulkaria und gab ihr ein Fläschchen. Aber nur unter der Bedingung, dass niemand ums Leben kommt. Als Bezahlung wollte sie einen Gefallen von Sepulkaria, den sie irgendwann einlösen müsste. Sepulkaria kehrte zurück ins leere Haus und verkündete leise ihren Freunden: Ich habe das Gift! Freudig klatschte Ansgar laut in die Hände und ließ ein geflüstertes Hurra folgen.
Nun hatte man das Gift. Doch wie sollte man es den Orks verabreichen? Entweder würde man es in einen Wasserschlauch füllen oder ihnen etwas zum Essen geben, Sepulkaria sollte das vergiftete Objekt in die Nähe der Monster bringen. Wenn diese dann eingeschlafen sind, sollte sie ihnen die Kehle durchschneiden. Dimitros erinnerte sich daran, dass er hörte, dass Orks sehr abergläubisch sein sollen und große Angst vor Magie haben. Er würde Sepulkaria begleiten und gegebenenfalls die Orks mit seinen Zaubertricks einschüchtern. Vorher wollte man sich aber noch einmal die Umgebung ansehen.
Die Gruppe verließ ihre Unterkunft. Die Orks lauerten vor ihrer Hütte herum. Als sie die dunkelblaue, mit Sonne, Mond und Sterne verzierte Robe von Dimitros sahen, bekamen sie Angst und rannten davon. Erstaunt darüber, wie schnell die Schwarzpelze sich in die Flucht schlagen ließen, näherte man sich der Hütte und durchsuchte diese. Sie bestand nur aus einem einzigen Raum, in dessen Mitte eine Feuerstelle war. Um die Feuerstelle herum waren drei Strohlager. Jeder der Orks hatte eine eigene Truhe mit persönlichen Habseligkeiten. Darunter auch einige Münzen, die Ansgar in seinen Beutel steckte.
Als Nächstes wurde die Burg von außen begutachtet. Sie bestand aus einem Hauptgebäude und einem hohen Turm. Um den ersten Stock herum befand sich ein Balkon. Dimitros klopfte gegen die Tür. Als seine Hand dagegen schlug, öffnete sich diese. Schnell schlüpfte man in die Gruppe als fahrendes Volk und betrat musizierend und Kunststücke aufführend die Vorhalle der Burg. Der Gruppe kamen zwei Wachen entgegen. Sepulkaria und die Salamander stellten sich vor und wollten vor dem Grafen auftreten, um ihm Freude und Zerstreuung in diesen düsteren Zeiten zu bringen. Während eine der Wachen zum Grafen ging, blieb einer zurück, um auf das fahrende Volk aufzupassen. Diesen versuchte man auszufragen, doch bekam man kaum brauchbare Informationen. Die andere Wache kam zurück und richtete aus, dass die Gruppe am nächsten Tag wieder kommen sollte. Sepulkaria und die Salamander verließen wieder die Burg und ließen den Wachen einen Wasserschlauch zurück, dessen Inhalt angeblich von Dimitros in ein süffiges Zwergenbier verwandelt wurde.
Bis zum Einbruch der Dämmerung versuchte man noch die anderen Einwohner der Burg kennenzulernen. Gerodil traf auf ein altes Mütterchen, deren Söhne als Wachen in der Burg arbeiteten. Ansgar, Sepulkaria und Dimitros lernten einen Jäger und seine Frau kennen, denen sie auch Fleisch abkauften. Aber ebenso wie die Salbenfrau und der Schmied waren sie nicht sehr an dem Geschehen um sich herum interessiert. Die Gruppe kehrte in ihr Haus zurück, machten ein Feuer, verzehrten etwas von dem erworbenen Fleisch und wartete auf den Einbruch der Dunkelheit.
Als es finster wurde, machten sie sich wieder auf dem Weg zur Burg. Der Graf schien bereits fest zu schlafen. Kein Licht drang durch die Fenster oder Schießscharten der Burg. Die Eingangstür war fest verschlossen. Man suchte sich eine versteckte Stelle. Von dort warf Ansgar ein Seil auf den Balkon und kletterte dort hoch. Sepulkaria folgte ihm gewandt. Gerodil und Dimitros schafften es nicht aus eigenen Kräften nach oben, wurden dann aber von dem Thorwaler hochgezogen. Eine Tür führte in einen Speisesaal. Nachdem man sich dort umgesehen hatte, ging man wieder auf dem Balkon zurück. Dort führte eine Rampe zum Turm. Diese wollte man hinaufschleichen. Doch Gerodils Rüstung klimperte zu sehr und Dimitros stolperte über die eigenen Füße. Deswegen entschied Sepulkaria, gemeinsam mit Ansgar zum Turm zu schleichen und dass sich die beiden anderen im Hauptgebäude umsehen sollten.
Von der Rampe aus kamen Ansgar und Sepulkaria in eine liebevoll eingerichtete Kammer. Auf einem Regal standen kleine geschnitzte Holzfiguren. Kissen und Bettdecken in dem Zimmer waren üppig besteckt. Am Fenster lag eine Laute. Als sie im Raum nichts entdeckten, setzten sich beide aufs Bett. Es war schön weich und es lag jemand da drin…
Vom Balkon aus sahen Dimitros und Gerodil, dass sich eine Menschenmenge zur Burg bewegte. Diese war ausgerüstet mit Fackeln, Heugabeln und einige Hellebarden waren zu sehen. An der Spitze der Meute lief Brinwyn. Das Mädchen war ins nächste Dorf gelaufen und hatte Hilfe geholt, nachdem Gerodil sie im Wald allein zurück ließ. Dimitros ging ins Gebäude und öffnete die Tür. Gerodil seilte sich vom Balkon ab, um das Tor zum Burghof zu öffnen.
Ein Mädchen lag im Bett. Erschrocken standen beide auf. Sepulkaria versuchte das Kind zu beruhigen. Da wurde die Tür aufgerissen und ein Mann kam herein: „Wir müssen hier schnell weg.“ Er zog das Mädchen aus dem Bett. Ansgar stellte sich vor die Tür, damit der Mann nicht durchgehen konnte. „Wer seid ihr? Was wollt ihr?“ fragte er und zog das Kind fest an sich. „Wir sind hier, um die Kinder zu befreien und euren dunklen Machenschaften ein Ende zu setzen“, entgegnete Sepulkaria. „Dunkle Machenschaften? Was wisst ihr denn?“, entgegnete der Graf. „Das ist meine Schwester und sie ist sehr krank. Ich habe lange nach einer Möglichkeit gesucht, sie zu heilen. Wir haben alles versucht, aber nichts gefunden. Nun habe ich einen Alchemisten, der ein Getränk brauen kann, das ihr hilft. So kann ich hier noch ein paar schöne Jahre gönnen. Aber jetzt müssen wir hier weg. Lasst uns gehen!“ Sepulkaria verweigerte die Flucht: „Es muss noch einen anderen Weg geben, ihr zu helfen. Andere Kinder dafür zu töten kann nicht die Lösung sein. Lasst uns gemeinsam nach einer Möglichkeit suchen.“ Der Graf verneinte: „Nein, ich habe alles schon versucht. Ihr lasst uns keine andere Wahl.“ Gemeinsam mit seiner Schwester sprang der Graf durch das Fenster. Beide überlebten den Sturz nicht.
In der Zwischenzeit war der wütende Mob in der Burg angelangt. Die Menge marschierte in den Kerker, befreite die Kinder und nahm den Alchemisten gefangen. Dieser wurde am Leben gelassen, doch dazu verurteilt, den Kranken in den umliegenden Dörfern kostenfrei Hilfe zu leisten.
Glücklich über die Befreiung der Kinder luden die Dorfbewohner die Gruppe zu einem Fest in ihr Dorf ein. Da dies doch etwas entfernt war, musste man aufbrechen, um es noch rechtzeitig zu erreichen. Auch der gefangengenommene Alchemyst wurde mitgenommen. Während des Marsches näherte sich Briwyn mit einer Freundin, der kleinen Dini, den Zwergen Gerodil. Ihre Freundin wollte Geordil etwas geben. Einen kleinen Stein, der ihr eines Morgens in ihr Frühstückmüsli gefallen ist. Ein sogenanntes Drachenauge.
Gerodil erinnerte sich daran, dass die Gruppe vor einigen Tagen eine Halskette gefunden hatte. Diese Halskette hatte eine leere Fassung. Dimitros gab sie Sepulkaria zur Aufbewahrung. Der Zwerg zeigte der Halbelfe den Edelstein. Dieser passte perfekt in die Fassung der Kette. Aber viel mehr, außer dass sie durch einen Zufall an den Stein kam, konnte die kleine Dini dazu nicht erzählen. Nachdem man im Dorf angekommen war, wurde die Gruppe von den Dorfbewohnern festlich bewirtet. Das ging weit über die Verhältnisse der Dorfbewohner hinaus. Ansgar und Dimitros genossen es, von den Dörflern verwöhnt zu werden. Gerodil hatte ein schlechtes Gewissen dabei, den armen Leuten zur Last zu fallen. Sepulkaria besuchte den gefangenen Alchemysten und befragte ihm zu der Halskette. Doch dieser konnte ihr nichts dazu sagen. So genossen die Vier mehr oder weniger begeistert die Köstlichkeiten, die ihnen die Dorfbewohner auftischten. Doch wollte man die Gastfreundschaft der Leute nicht überbeanspruchen und verzog sich bald auf ein Heulager in einem Stall.
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