Die Götter des Schwarzen Auges – Teil 1: Die Zwölfgötter und ihr Gegenspieler

Lange gab es in Aventurien, der Welt des Schwarzen Auges, Konflikte zwischen den zahlreichen Kirchen und Glaubensrichtungen, welche denn nun die einzig wahre und richtige Religion sei. Um diese Konflikte zu beenden, legte im Jahr 98 v. BF der Kaiser Silem-Horas fest, welche nun die richtigen Götter in seinem großen Reich sind. So entstand das noch bis heute gültige Pantheon der Zwölfgötter und ihrer Kinder. Das Edikt des Silam-Horas gilt uneingeschränkt im Mittel- und im Horasreich, im Bornland und in Aranien, das früher unter mittelreichischer Herrschaft stand.

Auch wenn die Zwölfgötter im Rest Aventuriens eine große Rolle spielen, konnte sich das Edikt nicht überall durchsetzen. In Andergast konnten die Druiden den Glauben an die alten Naturreligionen weiterhin bewahren. Im früher vom Mittelreich besetzten Maraskan setzte sich der Zwölfgötterglauben ebenfalls nicht durch, ist die Insel doch vom Dualismus des Zwillingsglaubens sehr geprägt. Die Thorwaler haben sich wieder die Verehrung ihres Walgottes Swafnir zugewandt. Auch andere Völker verehren weiterhin ihre alten Götter weiter.

Wer an die Zwölfgötter glaubt, verehrt niemals nur einen einzigen der Götter, sondern immer ihre Gesamtheit. Allerdings spielen persönliche Vorlieben eine große Rolle bei der Verehrung. Aventurier beten bevorzugt die Gottheit an, die ihnen am nächsten ist, weil diese Gottheit ihre Interessen am besten vertritt.

Praios ist der Höchste der Zwölfgötter. Er ist der Götterfürst und zugleich auch der Gott der Adligen. Praios steht für Recht und Ordnung, Wahrheit und Gerechtigkeit. Häufig wird er als Mann mit Greifenkopf dargestellt. Der Greis ist auch sein heiliges Tier. Seine Symbole sind die Sonne und das Licht. Die Sonne wird auch als Praiosscheibe oder Praiosauge bezeichnet. Viele seiner Geweihten lehnen Magie als ordnungsstörend ab. Gemäßigte Glaubensvertreter akzeptieren aber weiße Magie, wenn diese aus wahrhaftigen Gründen und zur Wahrung der Weltordnung eingesetzt wird. Sein Haupttempel ist die Stadt des Lichts in Gareth. Oberster Vertreter der Praioskirche ist der Bote des Lichts.

Rondra ist die Göttin des ehrenhaften Kampfes, sie gebietet über Donner und Blitz und wird mancherorts auch als Kriegsgöttin verehrt. Ihr heiliges Tier ist die Löwin und sie wird oft als Kriegerin in strahlender Rüstung dargestellt. Rondra steht für den ehrenhaften Kampf, Tapferkeit und den Schutz der Schwachen. Strenge Rondraanhänger lehnen Kriegslist und den Einsatz von Fernkampfwaffen ab. Ihr oberster Tempel steht in Perricum. Das Oberhaupt ihrer Kirche nennt sich das Schwert der Schwerter.

Efferd ist der Gott des Meeres, der Gewässer und des Windes. Seine heiligen Tiere sind Delfine, doch herrscht er über alle Kreaturen des Wassers. Seine Symbole sind der Dreizack, Wellen und Wogen. Ebenso wie seine Geweihten gilt er als sehr launenhaft und kann oft sein Temperament nicht zügeln. Mal beschert er den Fischern einen reichen Fang, ein anderes Mal lässt er einen gewaltigen Sturm über das Meer peitschen. Vor allem Fischer und Seefahrer verehren Efferd. Viele seiner Diener vermeiden Feuer. Sein oberster Diener ist der Hüter des Zirkels, der im Haupttempel in Bethana residiert.

Travia ist die Göttin der Treue, Gastfreundschaft, Heimat und Mildtätigkeit. Ihr Symbol ist das Herdfeuer. Ihr heiliges Tier ist die Gans. Viele Schwüre werden in ihrem Namen abgelegt, vom Treueeid bis zum ehelichen Traviabund zwischen Mann und Frau. Gerade Treue in der Ehe ist Travia besonders wichtig, was oft zu Konflikten mit den Idealen der lebenslustigen Rahja führt. Gastwirte und Leute, die viel Wert auf familiären Zusammenhalt legen, verehren die Göttin. Sie ist auch für ihre Mildtätigkeit bekannt, deswegen werden viele Armenspeisungen und Waisenhäuser von der Traviakirche unterhalten. Angeführt wird die Kirche immer von einem Ehepaar, das als Heiliges Paar in Rommilys residiert.

Boron ist der Gott des Todes, aber auch des Schlafes, des Traums und des Vergessens. Sein Zeichen ist das Boronsrad, ein zerbrochenes halbes Rad mit fünf Speichen. Aber auch die Balkenwaage und Rabenschwingen stehen für ihn. Viele seiner Geweihten sind talentierte Traumdeuter und Seelenheiler oder sie sind schweigsame Wächter auf den Boronangern und sprechen den letzten Segen für Verstorbene. In ihrer schwarzen Kluft wirken sie häufig unheimlich und unnahbar. Einige scheren sogar aus Demut ihr Haupthaar oder legen ein Schweigegelübde ab. Die Boronskirche ist in zwei Kulte gespalten. Der Vorsteher des Puniner Kults nennt sich Rabe und steht dem Haupttempel in Punin vor. In Al’Anfa wird Boron als oberster Gott verehrt, was regelmäßig zu Streitereien mit den Puninern und anderen zwölfgöttlichen Kirchen führt. Im Süden gibt man sich dem göttlichen Rausch des Vergessens hin, und der Freitod wird als höchstes Opfer an den Gott gesehen. Der Haupttempel des Al’Anfaer Ritus erhebt sich unter dem Patriarchen in Al’Anfa.

Hesinde ist die Göttin der Weisheit, Gelehrsamkeit, der Magie und des Wandels. Ihr Symbol ist die Ouroboros, eine Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt. Ihr heiliges Tier ist die weiße Schlange. Man findet diese häufig in ihre Tempel, entweder lebend, als Abbild oder als Schmuckstück. Im Namen Hesindes wird geforscht und gelehrt, wobei die Hesindekirche auch entscheidet, welches Wissen weitergegeben werden darf oder nur Auserwählte eröffnet wird. Vor allem Gelehrte und Magier verehren Hesinde. Oft verfügen ihre Tempel über ansehnlichen Bibliotheken oder Kartotheken, in denen fleißig Wissen gesammelt wird. Hesindes Haupttempel steht in Kuslik. Die höchste Priesterin des Kultes ist die Magisterin der Magister.

Firun ist der Gott des Eises und des Winters, aber auch der Jagd. Seine Symbole sind Pfeil und Bogen, aber auch der Eiskristall. Sein heiliges Tier ist der Firunsbär (Eisbär). Seine Anhänger bestehen aus Waldläufern und Jäger. Aber auch jagdbegeisterte Adlige verehren Firun. Seine Geweihten trifft man selten in den wenigen Tempeln und Schreine. Meist befinden sie sich auf Wanderschaft in der Wildnis. Ebenso wie ihr Tempeloberhaupt, den man den Weißen Mann nennt. Nie weiß man, ob er gerade als Mensch oder in der Gestalt eines Eisbären unterwegs ist. Firuns Haupttempel ist in Trallop.

Tsa wird auch die junge Göttin genannt. Sie ist die Göttin des Wandels, der Erneuerung, der Geburt und des Beginns. Sie steht außerdem noch für Friedfertigkeit. Ihr Symbol ist der Regenbogen. Die Eidechse ist ihr heiliges Tier. Ihre Priester sind lebensfroh, freiheitsliebend, kreativ und offen, was neue Ideen betrifft. Da Tsa alle Lebewesen gleichermaßen liebt und als friedfertig gilt, verzehren ihre Priester kein Fleisch und sind Pazifisten. Oft wird Tsa bei Geburten angerufen und beim Beginn neuer Unternehmungen um ihren Beistand gebeten. Selten bleiben ihre Priester an einem Ort. Einen höchsten Vertreter und Haupttempel kennen sie nicht.

Phex ist der Gott der Händler, Diebe und Geheimnisse. Seine Symbole sind der Nebel, die Nacht und die Sterne. Sein heiliges Tier ist der Fuchs. Phexens Segen wird häufig beim Handeln erbeten, bei Glücksspielen und vor riskanten Unternehmungen. Viele Städte haben zwei Phextempel: einen öffentlichen, in dem mach Geschäfte tätigen und Abschlüsse besiegeln kann, und einen verstecken, in dem Diebe, Heimlichtuer und Hehler dem Gott huldigen. Der höchste Tempel des Phex ist ein Mysterium, ebenso wie die Identität seines höchsten Geweihten, des Mondes.

Peraine ist die Göttin der Furchtbarkeit, des Ackerbaus und der Heilkunst. Ihr Symbol ist das Ährenbündel und ihr heiliges Tier ist der Storch. Ihre Anhängerschaft besteht größtenteils aus Bauern. Ihre Priester sind vor allem in ländliche Gegenden anzutreffen, wo sie kleine Tempel oder einen Schrein betreuen, die Felder segnen oder Kranke pflegen. In Städten betreibt die Kirche größere Tempel und oft auch Siechenhäuser. Viele der Priester sind aber auf Wanderschaft, um dort zu helfen, wo sie gebraucht werden. Der höchste Geweihte Peraines nennt sich Diener des Lebens und hat seinen Sitz im tobrischen Ilsur, wo sich auch der Haupttempel befindet.

Ingerimm ist der Gott des Feuers, der Handwerkskunst und des Erz. Seine Symbole sind die Flamme, aber auch der Hammer und der Amboss. Als einzigen Gott der Zwölfe ist ihm kein Tier zugeordnet. Er hat große Ähnlichkeit mit dem zwergischen Gott Angrosch. Seine Darstellungen wirken oft kräftig und gedrungen, als wäre er selbst ein Zwerg. Viele Handwerker verehren Ingerimm, vorallem Schmiede, Baumeister, Schneider und Bäcker. Seine Priester tragen stets eine Laterne mit sich, die nie erlöschen darf. Sie halten nicht viel von Predigten, sondern dienen ihren Gott lieber auf praktische Weise. Ihr Haupttempel befindet sich in Angbar, der vom Hüter der Flamme geleitet wird.

Rahja, die heitere Göttin, ist die Göttin der Freude, der Liebe, der Lust, des Rausches und der Schönheit. Ihre Symbole sind die Weinrebe und die Rose. Ihr heiliges Tier ist die Stute. Sie wird von Verliebten und hoffnungsfrohen Künstlern ebenso verehrt, wie von Zechern aller Alterstufen. Besonders in den Weinanbaugebieten Almadas und des Horasreiches wird Rahja sehr verehrt. In den Tulamidenlanden herrscht eine mysthischere Glaubensausrichtung vor. Dort werden besonders der Rausch und die göttliche Ekstase zu Ehren der Leidenschaftlichen zelebriert. Der Haupttempel des Kultes, Sitz der Geliebten der Göttin, ist in Belhanka.

Der Namenlose ist der große Widersacher der Zwölfgötter. Er steht für Macht und Herrschaft, aber auch für Selbstsucht, Rache, Versuchung, Lüge, Verrat, Heimtücke und Hass, sogar auch für Selbstverstümmlung. Sein richtiger Name scheint vergessen. Flüsternd nennt man ihn den Gott ohne Namen, Gesichtsloser, Rattenkind oder Dreizehnter. Seine Anhänger bezeichnen ihn als der Verheißende, aber auch als der Purpurne, Er-der-liegt oder Herrscher der Herrscher. Ehrfürchtig wird er auch der Goldene Gott oder der Güldene genannt. Sein heiliges Tier ist die Ratte.

Aus Ärger darüber, dass ihm die alleinige Herrschaft über Alveran, dem Sitz der Götter, versagt wurde, schlug der Namenlose eine große Bresche in den Sternenhimmel. Mit dieser ermöglichte er Dämonen aus einer anderen Ebene Zugang zur Schöpfung. Mit ihrer Hilfe wollte er die Macht gewinnen. Doch die Zwölfgötter straften ihn für seinen Verrat und tilgten seinen Namen Silbe für Silbe aus dem Gedächtnis der Welt. Dann ketteten sie ihm in die Große Bresche, die er selber in den Himmel schlug. Doch am Firmament gekettet, ist er nicht untätig, sondern spinnt weiterhin seine Intrigen und sammelt Anhänger, um sich eines Tages befreien zu können.

Seine Anhänger agieren im Verborgen und verstecken sich unter der Maske der Rechtschaffenheit. Insgeheim preisen sie aber den Untergang der bestehenden Weltordnung und hoffen auf eine wichtige Rolle in der neuen Weltordnung. Sie versammeln sich an geheimen Plätzen und bringen dort ihren Gott blutige Opfer. Man erzählt sich, dass sich seine Priester selbst verstümmeln müssen, um in der Rangordnung des Kultes aufsteigen zu können. Die Verheißung von grenzenloser Macht in seinem neuen Zeitalter lässt viele seinen dunklen Lehren verfallen, seien es dekadente Adlige, skrupellose Großbürger, hasserfüllte Söldner oder unterdrückte Unfreie, die meinen, etwas Besseres verdient zu haben. Die Priester des Namenlosen sind dafür bekannt, Meister der Lüge und der Manipulation zu sein. Durch ihre Intrigen, Morde und dunkle Wunder tragen sie dazu bei, dass Glaubensgemeinschaften, Herrscher und manchmal auch ganze Reiche von ihnen unterwandert und zu Fall gebracht werden.


Golgolgol

Golgolgol heißt im wirklichen Leben Stefan Will. Er wurde zum DSA-Spieler, weil sein Bruder D&D besser fand, und ihn deswegen seine DSA-Basisbox schenkte. Bis Mitte der 1990er Jahren war Stefan in der Rollenspielszene sehr aktiv und probierte verschiedene Systeme aus. Nach einer langen Pause fand er 2020 das Interesse am Pen und Paper wieder und kehrte zu seinem "Heimatsystem" DSA zurück. Über die Änderungen im Lauf der Jahre war er sehr erstaunt. Trotzdem nahm er das Hobby begeistert wieder auf und gründete mit einem Mitspieler die Republik Norisburg, die zur Heimat ihrer Spielfiguren wurde. Hier im Blog berichtet Stefan von seinen Spielrunden und teilt seine Gedanken zu P&P-Themen mit.

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